Ein Schlag ins Gesicht – für alle?

Princess Nokia hat einem Zuschauer ihres Auftritts ins Gesicht geschlagen. Weil er sie sexuell belästigt hat. Doch ist Gewalt wirklich die Lösung?

Destiny Frasqueri aka. Rapperin Princess Nokia war der Gast des Abends bei einem Charity Event der Cambridge University. Während ihres Auftritts stand ein „weißer Kerl“ vor der Bühne und warf ihr alles andere als Jubelzurufe zu. „Show me your tits“, ist nach Berichten nur ein Spruch von vielen, den die Musikerin mitbekam. Sie unterbrach ihren Auftritt, fragte, ob er gerade respektlos ihr gegenüber war und fügte hinzu: „I’m so sorry, but when a white boy disrespects you, you punch him in the fucking face.“ Danach soll sie erst einen Drink nach ihm geschmissen haben, bevor sie von der Bühne kam um dreimal zu zuschlagen.

Was im ersten Moment nach einer Kurzschlussreaktion der Musikerin aussieht, hatte aber seine Gründe. Und so tough wie wir Princess Nokia kennen, ist sie nicht immer. Die sexuellen Beleidigungen des jungen Kerls gingen ihr nah. Nach der Show habe sie Tränen in den Augen gehabt und war sichtlich schockiert. Sie selbst habe zugegeben, dass sie Gewalt nicht gutheißen möchte, aber in dem Moment fühlte es sich für sie richtig an, um ihre eigene „Sicherheit“ zu gewährleisten. Mitglieder von FLY – Cambridge’s network and forum for women and non-binary people of colour – sprachen nach der Show mit Princess Nokia. Sie stellte ganz klar heraus, dass sie eine Nulltoleranz-Politik gegenüber Sexismus und sexueller Belästigung hat. Doch es stellt sich die Frage: Ist dieser Ansatz überhaupt richtig?

Alltagssexismus, Beleidigungen, Mobbing – jeder von uns hat sowas schon mal erlebt. Doch wir werden schon im Kindergarten dazu erzogen unsere Konflikte friedlich zu lösen um nicht als Raufbold auf der stillen Treppe zu enden. Wir lernen mit dem Ohnmachtsgefühl umzugehen, dass mit solchen Vorfällen einhergeht. Und es scheint so, als ob wir als Erwachsene nur zwei Optionen haben: Zuschlagen oder Ausweichen. Die einen von uns ducken sich, erröten und ignorieren das Übel. Die anderen wollen es aktiv bekämpfen. Warum gibt es keinen Mittelweg? Und warum sind wir in diesen Momenten oft Einzelkämpfer? Im Fall von Princess Nokia heißt das: Warum hat niemand der Umstehenden etwas gesagt? Es hat einen Beigeschmack von dem, was wir schon so oft gesehen haben. Etwas Schlimmes passiert und die Leute stehen drum herum und gaffen. Sie schauen einfach zu. Sie werden nicht aktiv. Doch wir sollten aus diesem Vorfall folgendes lernen: Gewalt ist definitiv keine Lösung. Aber manchmal ist sie ein Weckruf, damit mehr Leuten bewusst wird, dass sie kollektiv aktiv werden müssen. Denn eigentlich sind die respektlosen Kommentare des Typen ein Schlag ins Gesicht für uns alle – und nicht die Reaktion von Princess Nokia.

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