Der Troll – der Sadist von heute

Trolling – das hat weder mit den Süßigkeiten, noch mit diesem albernen Schulranzen zu tun, den man früher hinter sich hergezogen hat. Es ist ein nervtötendes Phänomen unserer Dauer-Online-Generation.

Ihr Lebensraum ist das Dickicht der Beiträge und Verlinkungen in der digitalen Welt. Lodert irgendwo ein kleines Feuer, kommt der Troll aus der Dunkelheit und schüttet Öl hinein. Mit voller Absicht – und die Glut fliegt in die Augen der Leute, die sich eigentlich am Feuer gewärmt haben. Und dann tanzt er drum herum und singt: „Wie gut, dass niemand weiß, dass ich … heiß.“ Das wäre die verbildlichte Beschreibung. Es gibt allerdings auch eine Definition für dieses Phänomen unserer Netzkultur, die es etwas sachlicher beschreibt: Der Troll ist eine Person, die ihre Kommunikation im Internet darauf beschränkt, unter Beiträgen aller Art bewusst emotionale Provokation zu betreiben, mit dem Ziel möglichst viel Empörung oder unsachliche Antworten zu bekommen. Doch warum kommt diese Art von Mensch überhaupt auf die Idee, für Unruhe zu sorgen? Wählt einfach einen dieser Gründe aus: 1. Langeweile, Suche nach Aufmerksamkeit 2. Rache 3. Spaß und Unterhaltung 4. Wunsch, jemandem zu schaden. Es ist also eine Person, die irgendwo zwischen Sadismus und Narzissmus schwankt – und sich hinter Profilen im Internet versteckt. Der Störenfried von heute.

Tatsächlich gibt es zu diesem Phänomen mittlerweile sogar Fallanalysen, die Menschen als Trolls identifiziert haben und mit Persönlichkeitstests untersuchen. Doch hat man einen gefunden, wie geht man mit ihm um? Jan Böhmermann wurde zuletzt bei Facebook als „überflüssiges, hirnloses Arschloch“ betitelt. Und wenn wir eins wissen, dann, sein zweiter Vorname Fake heißt. Gut gemachter Fake. Was bei Vera Int-Ween und Günter Jauch klappt, funktioniert erst Recht bei einem Internettroll. Mit ein bisschen Recherche holt Böhmermann zum Gegenschlag aus, faked ein Ministerium für Internetsicherheit und schreibt dem knallharten Rechtschreibgegner eine Verwarnung aus. Und ein Stadionverbot. Spätestens mit dieser Konsequenz bricht der fußballbegeisterte Troll ein. Denn eigenen Schaden in Kauf nehmen, das passt nicht in seine Welt. Besagter Troll macht die „Das war jemand anderes“-Nummer und schämt sich offenbar doch ein bisschen. Na immerhin. Doch nicht jeder kommt auf derart kreative Ideen. Unsichtbare „Do not feed the Troll“-Schilder kursieren im Netz. Die Keine-Beachtung-Methode also, wie man sie bei quengelnden Kindern anwendet. Funktioniert vielleicht in der Theorie, aber nicht in der Praxis. Irgendjemand haut dann doch direkt in die Tasten und eine wilde Diskussion entfacht. Hass geht wohl immer leichter von der Flosse als Lob.

Viele Seiten schränken deshalb ihre Kommentarfunktionen ganz ein. Kommunikationsexperten empfehlen, ruhig und gelassen zu antworten – oder nicht mehr mit dem Troll, sondern über ihn zu sprechen. Wenn es um Kleinigkeiten geht, dann ist das durchaus sinnvoll. Doch gefährlich wird es, wenn es eine Gruppe von dieser Spezies schafft, Hetze zu betreiben, um die allgemeine Meinung zu beeinflussen. Zum Beispiel Hetze gegen Flüchtlinge. Oder andere Gruppen, die sich nicht gut selbst zur Wehr setzen können.

Dann nutzt bitte eure Cleverness und euren Sarkasmus und setzt diese nervtötenden Kommentare außer Kraft. Wir können nicht nur darauf vertrauen: What trolls around, comes around.

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