„Einer für alle“ funktioniert nicht auf Dauer. Deshalb sollte Fandom nicht nur Nehmen, sondern auch Geben sein.
In Sacramento hatte Kanye West bei seinem Konzert einen Aussetzer. Seine von den Medien getaufte „Wutrede“ ging durch die Welt, Rapper Snoop Dogg fragte sich, was er wohl genommen haben könnte, und die Masse buhte ihren Musik-Messiahs aus, als er schließlich den Auftritt abbrach und verabschiedete ihn mit einem „Fuck you, Kanye!“. Kurz darauf wurde die komplette Tour abgebrochen. Diagnose: Psychose – Kanye ließ sich ins Krankenhaus einliefern. Fans fordern ihr Geld zurück, doch man sollte sich fragen, wer hier eigentlich den größeren Preis bezahlt. Denn letztlich ist auch Yeezy weder ein Gott noch der Inbegriff der versinnbildlichten Kehrseite der Fame-Medaille, sondern das Endergebnis seiner Fans. Und die fordern Konzerte, fordern 24/7 Dauerpräsenz, fordern tatsächlich auch noch die Live-Übertragung von Kanyes Zustand. Denn es ist kein Scherz, dass die ersten Übertragungswagen in Los Angeles vorgefahren sind, kurz nachdem er eingeliefert wurde – und das nur, um die Sensationsgeilheit der Leute zu befriedigen. Es ist doch ein bisschen so, wie wir es als Kinder im Umgang mit Tieren gelernt haben: Treib es nicht zu sehr in die Ecke, sonst schnappt es zu. Die Übersetzung auf diesen Fall lautet: Lasst euren Star einfach mal in Ruhe, damit er sich wirklich erholen kann. Denn jeder darf mal ausbrennen, gefrustet sein, die Realität kurz verlieren oder sich eben zurückziehen.
Auch Selena Gomez hat erst Ende August ihre Tour abgesagt. „Das hat keiner kommen sehen“, „Knallhart abgebrochen“, enttäuschte Fans, lange Gesichter. Als ob ein Superstar eine Tour abbricht, weil er oder sie keine Lust mehr auf Auftritte hat (so leicht geht das nicht). Was wirklich dahinter steckte, war Selenas Autoimmunerkrankung Lupus, und damit verbundene Angstzustände und Depressionen, an denen sie leidet. Die Betonung liegt auf „leidet“. Auch ihr Ex-Freund Justin Bieber hat immer mehr zu kämpfen. Die letzte News lief unter dem Motto „Justin Bieber schlägt Fan die Lippe blutig“ – ja, warum? Weil dieser besagte Fan durch das Fenster von Justins Limousine in den Wagen gelangt hat. Ob der Bieber sich nun erschrocken hat oder einfach keinen Bock mehr hatte, bedrängt zu werden, weiß nur er selbst – aber was wir wissen sollten: Fan sein heißt, sein Idol zu unterstützen und nicht zu belästigen. Denn jede Beziehung hat Ups und Downs. Es reicht nicht, die übliche Rede à la „Er kommt mit dem Fame nicht klar“ zu schwingen. Denn Fame entsteht erst durch die Fans. Und die sind wir – auch wenn nicht jeder im Team der Belieber oder Yeezys ist. Ab und an ist Schluss mit Nehmen, und dann heißt es: Ruhe geben.
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