Das New Yorker Label Me and You zeigt uns, dass Feminismus nicht unbedingt aggressiv daherkommen muss. Auch mit Rosa, Glitzer und Herzchen kann die Welt verändert werden.
FOTOS: Petra Collins und Mayan Toledano
Hinter Me and You stecken die beiden Design-Studentinnen Mayan Toledano und Julia Baylis. Sie gehören dem Künstlerkollektiv und Freundeskreis um Petra Collins an und haben zusammen eine Bildsprache entwickelt, die Girl-Teenage-Träume Wirklichkeit werden lässt. Sie zelebrieren Freundschaft, Feminismus, unaufgeräumte Schlafzimmer, Klebe-Tattoos, Nancy Sinatra, Namens-Ketten und Küsse. Und kreieren Tüllkleider, Sweatshirts, Schmuck und Unterwäsche mit plakativen Aufdrucken wie „Feminist“, „Hate it here“ und „Bad Bitch“.
Fotografiert werden ihre Kollektionen an Mädchen, die keinem einheitlichen Idealtyp entsprechen. Ihre Bilder zeigen Diversität. Sie zeigen Teenage-Girls in allen Haarfarben, Hautfarben und Kleidergrößen. Wenn ein Pickel zu sehen ist oder mal ein Schamhaar aus der Unterwäsche guckt, wird nicht panisch retouchiert. That’s life! Und so wird bei Me and You auch damit umgegangen. Mayan und Julia wollen damit erreichen, dass sich Mädchen in dieser sehr beeinflussbaren Phase ihres Lebens wohl in ihrem Körper fühlen. ❤️
Wir haben mit den beiden über die Bildsprache des neuen Feminismus und ihre Verbreitung durch die sozialen Medien gesprochen.
Ihr seid BFFs. Wo habt ihr euch kennengelernt? Und wie kam es zu Me and You? Julia: Wir haben uns in der Modedesign-Schule kennengelernt. Wir haben mit Me and You angefangen, weil wir einen kreativen Raum für uns selbst schaffen wollten, der nichts mit der Schule und der Modeindustrie, von der wir sehr enttäuscht sind, zu tun haben sollte. Für uns ist Me and You kein Mode-Label, sondern ein Gefühl, ein permanentes Kunstprojekt. Wir wollen Bettwäsche gestalten, Musikvideos machen, Bücher veröffentlichen … und so unsere Ideen und Bildsprache auf die unterschiedlichste Art und Weise weitererzählen.
Ihr gehört zu einem Kollektiv, das mit dafür verantwortlich ist, dass sich das Bild der Frau innerhalb der Modewelt verändert. Es geht immer weniger um Perfektion und mehr und mehr um Charakter und Einzigartigkeit. Ist die „Back-to-Reality-Ästhetik“ nur eine Modeerscheinung oder glaubt ihr, die Veränderung wird Bestand haben?
Julia: Das Internet gibt den Subkulturen eine Stimme und Minderheiten einen Platz, sich zu repräsentieren und Vorbilder zu finden. Ohne das Internet würde Me and You nicht existieren. Wir wollten eine Bildsprache kreieren und vermitteln, die speziell für uns und unser Publikum sein sollte. Wenn wir unsere Ideen offline, also einem Magazin oder Store, vorgeschlagen hätten, wären sie wahrscheinlich abgelehnt worden. Ich denke nicht, dass das Ganze nur eine Modeerscheinung ist. Ich denke, dass es schon immer eine Nachfrage für diese Art von Bildern gab, aber es war keine Plattform dafür vorhanden.
Mayan: Ich denke, letztlich ist jeder gelangweilt davon, immer und immer wieder die gleiche Art von Bildern zu sehen. Die Leute wollen sich selbst darin erkennen oder etwas, mit dem sie sich identifizieren können. Ein Großteil der Veränderung ist dem Internet zu verdanken. Hier können sich die unterschiedlichsten Mädchen nach ihren Vorstellungen darstellen. Diese Freiheit erlaubt mehr Vielfalt und bringt uns näher an echte Erfahrungen von echten Menschen.
Soziale Medien wie Instagram helfen euch, eure Bildsprache zu verbreiten. Seht ihr das zunehmende Kommunizieren im Internet durchweg positiv?
Mayan: Soziale Medien sind wunderbar, um eigenmächtig etwas auf die Beine zu stellen und eine Community zu finden oder aufzubauen. Das einzig Negative ist, wenn Leute sich zu sehr darin verlieren. Man darf das Ganze nicht zu ernst nehmen. Und man darf sich nicht zu sehr zu Herzen nehmen, was andere Leute sagen. Es gibt viele Trolls da draußen!
Julia: Jede Medaille hat zwei Seiten. Es ist manchmal schade, wie kurz die Lebensspanne eines Bilds sein kann.
Gibt es einen Schlüsselmoment, der zur Ästhetik von Me and You geführt hat?
Mayan: Einer der ersten Filme, die ich in meinem Leben gesehen habe, war „Mermaids“ (1990). Der Film ist so girly und süß. Ich liebe ihn, weil er aus der Perspektive eines Mädchens erzählt wird und weil es darum geht, von Frauen umgeben zu sein. So bin ich auch aufgewachsen. Ein weiterer großer Einfluss ist meine Vergangenheit als Tänzerin. Ich kann mich an den Nervenkitzel vor den Abschluss-Shows erinnern. Besonders das Warten auf die Outfits war aufregend. So fing es an, dass ich Klamotten mit Gefühlen in Verbindung brachte. Es hatte etwas Festliches und Nostalgisches, das immer noch in mir ist, wenn ich darüber nachdenke, wie ich jedes Me-and-You-Produkt besonders machen könnte.
Julia: Für mich waren die Anfänge des Internets ein ganz großes Ding. Ich war auf allen Modeforen und bizarren Blogs und habe alle Bilder, die mir gefallen haben, auf meinem Desktop gespeichert. Die Möglichkeit, die Welt durch die Augen all dieser wundervollen Menschen mit den unterschiedlichsten Erfahrungen zu sehen, hat es mir erleichtert, mich auszudrücken und ein Zuhause für meine Denkweise zu finden.
Wie stellt ihr euch die Zukunft von Me and You vor? Was wollt ihr mit dem Projekt erreichen?
Mayan: Wir wollen weiterhin mit Menschen zusammenarbeiten, die wir bewundern. Und wir wollen so viele Mädchen wie möglich erreichen. Unser Hauptziel momentan ist es, unsere Produkte weltweit zugänglicher zu machen. Wir wollen dafür sorgen, dass junge Mädchen in einem sehr beeinflussbaren Alter Vorbilder haben, zu denen sie aufblicken können. Vorbilder, die bewirken, dass sie sich wohl in ihrer Haut fühlen. Wir sind große Fans von Rowan Blanchard und Amandla Stenberg, weil sie ihren Mainstream-Erfolg und große Social-Media-Anhängerschaft für eine positive Message nutzen. Sie sind unglaublich verantwortungsbewusst, klug und selbstbewusst, wenn es darum geht, diese zu vermitteln. Es ist so cool, dass junge Mädchen auf der ganzen Welt mithilfe von Social Media einen Zugang zu positiven Vorbildern haben können! Mit Me and You wollen wir diesen Zeitgeist unterstützen.
Me and You ist Teil des Künstlerkollektivs The Ardorous. Mehr dazu findet ihr in der Blonde Print-Ausgabe 01/16.
Website: itsmeandyou.com
Instagram: @its_meandyou