Ausschlussverfahren: ein Gedicht von Nhi Le

Nhi Le hat als Slam­-Poetin schon einige Preise ab­ge­räumt. Für uns hat sie sich mit dem Thema „Zukunft“ beschäftigt. Klar, wir alle  haben große Pläne, aber seien wir mal ehrlich: Wissen wir immer, wohin ge­nau es gehen soll?

Ich hab ein Sammelheft voll mit beliebigen Fragen, Chat-Verläufen und Foto-Collagen.
So ein ganz dickes Buch, ohne Plastik-Brokat, inhaltlich bunt gemischt, fast wie ein Traumderivat.

Jetzt ist die Zeit gekommen, um deinen Browser zu öffnen und dir sagen zu lassen, dass echt alles geht!

Also: „Buch diesen Urlaub und bewirb dich für Sydney – denn du bist ja Mitte zwanzig und das ist irgendwie spät.“

Tönt vielleicht eine Lifestyle-Kolumne. Wenn es nicht gerade darum geht, dass einer beliebigen Generation beliebige Türen offen stehen, wird gepredigt, dass echt alles möglich ist, solange man echt hart an sich arbeitet! Vielleicht ist man ja auch nur depressiv, weil man so doof ist, und ein Mandala aus der Bahnhofs-Buchhandlung bringt schon wieder etwas Schwung.
Mein Gott, „man muss doch was vom Leben wollen“!

Und auf der anderen Seite zelebriert man das Scheitern. Elan war vergriffen und ist erst mal aus – das Leben ein trostloser Witz. Mentholkippen-Rauch als Ausdrucksmittel: XX, ein Kringel und sonst will man nichts. Und egal, ob übermotiviert oder
hängen geblieben. Irgendein Zukunftsziel steht geschrieben. Was lesen doch jene mit Unsicherheit, vagen Vorstellungen und ­Ausschlusskriterien? Hey, also für euch ist dieser Text. So einiges, das irgendwie richtig scheint –
so vieles, das offenbar falsch ist.

Was dir niemand sagt, ist, dass das auch manchmal reicht. Anti-Plan ist ein Plan, wenn du’s einsiehst.

Keine Counter-Akquise auf Konferenzen, keine Selbstaufgabe für triviale Referenzen, keine Hand auf den Schenkeln,

kein OpenOffice, kein Mitbewohner-Hund, kein Stillstand, kein Kein-Job, kein Provinzleben, kein Reimschema.

Na, das ist doch was!

Ich hab ein Sammelheft voll mit Dingen und Taten, die ich ganz ehrlich niemals durchmachen will, und es langt mir zu sagen: „Nein, ich brauche das nicht!“ Denn irgendwie – führt der Ausschluss von Optionen ja auch an ein Ziel.

Mehr unter: nhi-le.de

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