Wir haben die Newcomer-Sängerin Aurora getroffen und mit ihr über Dämonen, Rote-Beete-Kleider und Nicht-Kurven gesprochen.
Magie schwebt in der Luft, wenn Auroras Geschichten aus den Boxen hallen. Mit zarter, dennoch bestimmter Stimme singt sie vom Traum einer schöneren Welt – verpackt in emotional mitreißenden Pop-Klängen. Die elfenhafte Norwegerin landete im letzten Jahr den Hit „Running with the Wolves“. Sie war mit ihrer gleichnamigen EP auf Tour, bekam einen Award als „Best Female Rolemodel“ und wurde von Katy Perry gehypt. Für ihr Debüt-Album „All my demons greeting me as a friend“, das am 11. März erschien, ließ sich die 19-Jährige Zeit. Sie überstürzt nichts, unterwirft sich nicht dem Druck der Außenwelt. Aurora Aksnes ist aber nicht nur in diesem Punkt ganz besonders: sie ist einfach die, die sie schon immer war – so simpel, so schwer. Ein „Der Herr der Ringe“-liebender Weirdo, der sich in der Natur am wohlsten fühlt. Oder beim Songs-Schreiben. Das macht sie schon seitdem sie neun ist: Sich Geschichten ausdenken und diese vertonen. Während ihre Gedanken in kreativen Höhen schwirren, bleiben ihre Füße auf dem Boden, wo sie gebraucht werden, um die Musikszene einzunehmen und sie mit Auroras Wahrhaftigkeit zu verzaubern.
Welche Dämonen schlummern in dir?
Es ist, als hätte ich einen offenen Riss, den ich nicht schließen kann, und alles fließt hinein. Ich nehme alles auf, deswegen ist es nicht wichtig, ob mir etwas persönlich passiert ist. In meinen Songs kann ich diese Dinge aus meinem Körper holen. Die wenigsten meiner Lieder sind wirklich über mich, die meisten handeln von Erlebnissen, die anderen Menschen widerfahren. Gute und schlechte Dinge passieren die ganze Zeit. Überall. Ich war schon immer ein sehr sensibler Mensch. Als ich ein Kind war, war ich ziemlich empfindlich für hohe Töne, Licht, Menschen, Emotionen. Wenn ich einen traurigen Film gesehen habe, hat es mich sehr berührt. Es hilft, wenn ich diese Dinge in meinen Songs thematisiere. Viele meiner Songs handeln von dem Gedanken, dass die Welt schöner sein sollte. Sie ist schon schön, aber wir könnten noch netter zueinander sein. Der Titel des Albums ist eine Erinnerung an jeden, wie wichtig es ist, alles zu akzeptieren, das dir widerfährt. Es ist ok zu weinen, wenn du es brauchst, aber du darfst die Dinge nicht dein Leben zerstören lassen. Es ist wichtig an einem Punkt vor dem Tod alles, was passiert ist, zu akzeptieren. Dann können wir wirklich leben.
Frauen haben heute noch immer mit vielen gesellschaftlichen Dämonen zu kämpfen. Welche berühren dich besonders?
Viele! In einigen Ländern ist es Frauen nicht erlaubt ihr Haare zu zeigen, Auto zu fahren, zu arbeiten, machen zu können, was sie möchten, lieben zu können, wen sie wollen. Es passieren so viele unfaire Dinge. Wir werden schlechter bezahlt als Männer. Auch wenn wir hier so gut wie alles machen können, was wir möchten, da wir frei sind, sind Frauen trotzdem häufig nicht in derselben Art wie Männer frei. Das ist furchtbar! Es wird viel Druck auf uns ausgeübt, wegen unseres Körpers, wegen unseres Aussehens, wegen unseres Verhaltens. Wir sollen uns in einer bestimmten Art kleiden. Junge Frauen schauen auf zu vielen berühmten Frauen und das sollte eine Erinnerung sein, wie stark man junge Frauen beeinflussen kann. Ich möchte, dass jeder das machen kann, was ihn glücklich macht. Und wenn es ihn glücklich macht sich nackt zu machen, um frei zu sein, dann sollte sie das machen. Wir fühlen uns schnell so, als ob wir bestimmte Dinge machen müssen, damit uns andere mögen. Man sollte sich nie unter Druck gesetzt fühlen – aber leider wird immer sehr viel Druck ausgeübt. Es ist hart eine Frau zu sein. Es ist hart ein Mensch zu sein! Aber das Schlimmste ist das Body-Shaming. Ich verstehe das nicht! Männer gegen Frauen, Frauen gegen andere Frauen. Es wird auch nicht besser, wenn man sagt, echte Frauen hätten Kurven. Auf der anderen Seite gibt es nämlich auch Frauen, die niemals Kurven bekommen werden! Warum können wir den weiblichen Körper nicht einfach in Ruhe lassen? Warum können wir nicht jeden einfach so sein lassen, wie er ist? Alle sind echte Frauen. Es geht darum zufrieden zu sein, wie du bist. Solange jeder jeden so sein lassen kann, wie er ist, ohne über andere oder sich selbst zu urteilen, wäre die Welt ein schönerer Ort. Solange du bist, wer du bist, ist das Leben so viel einfacher. Ich weiß, wer ich bin. Ich habe keine Angst davor zu sein, wer ich bin. Es macht alles ein bisschen einfacher.
Warst du schon immer so selbstsicher? Hattest du nie mit Problemen dieser Art zu kämpfen?
Ich hatte mit relativ wenigen Problemen zu kämpfen und war immer recht sicher, auch wenn ich mich echt komisch angezogen habe. Mir war das aber egal, weil es mich glücklich gemacht hat. Am Anfang ist es mir gar nicht aufgefallen, dass meine Art mich zu kleiden anders oder komisch war. Ich dachte mir, so möchte ich sein und dann ist das auch in Ordnung. Dann habe ich ein paar komische Blicke und Kommentare bekommen, aber das war ok. Es hat mich nicht wirklich berührt, wenn die Leute mir gegenüber unhöflich waren. Ich bin glücklich darüber, dass ich immer so sicher war und auch damit, wie ich aussehe. Ich möchte einfach so aussehen, wie ich es tue und wie ich es mag. Niemand sollte mir das Gefühl geben, dass es falsch ist. Ich habe nur fast zu spät gelernt, meine Meinung offen und bestimmt zu sagen. Das möchte ich ab jetzt immer tun und jedem sagen, was und wie ich es möchte.
Das gesamte Interview findet ihr in der Blonde Print-Ausgabe 01/16.
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