Fotografin Kristina Podobed: die junge Wilde

Fotografin Kristina Podobed ist nur eines von Kiews jungen, kreativen Talenten. Uns zeigt sie ihre Heimat Ukraine durch die Kameralinse.

„Das Leben hier ist nicht so bitter, wie viele glauben. Die Leute, die das Land verlassen, denken vielleicht, dass ihr Leben woanders besser wird. Für mich aber herrschen hier eine gewisse Ehrlichkeit und eine Art Frieden.“ Kristina Podobed, 24, wurde in Odessa geboren, lebt mittlerweile in Kiew – und liebt die Ukraine. Jeder, der daran zweifelt, braucht sich nur ihre Fotoarbeiten anzusehen, mit denen sie den Alltag in einem Land abbildet, das bei vielen derzeit besonders wegen seiner politischen Konflikte ins Bewusstsein rückt. Aber die Ukraine ist viel mehr als das. Podobeds Bilder zeigen die Leichtigkeit und Unbeschwertheit, die eben auch Teil des Landes sind – und Millennials, die dort ihren Platz im Leben suchen, wie es überall sonst auch der Fall ist. Das alles aus einer höchst weiblichen Sicht, die vor Selbstbewusstsein und Stärke nur so strotzt.

Besonders häufig fotografiert die 24-Jährige ihre Freundinnen, allen vo­ran Anya – vorzugsweise nackt. „Für mich ist das Arbeiten mit Freunden viel einfacher als mit professionellen Models – und natürlich viel interessanter. Meine Freunde sind wunderschön und sowieso ständig an meiner Seite. Wenn ich mit ihnen unterwegs bin, entstehen immer neue spontane Situationen, die ich mit meiner Kamera einfange“, sagt Podobed. Dass ihre Girls dabei wenig bekleidet sind, ist kein Zeichen von Rebellion, es ist für Podobed schlichtweg natürlich. „Alles, was ich über weibliche Intimität weiß, habe ich, abgesehen von meiner Mutter, von den Beziehungen zu meinen Freundinnen gelernt. Wir teilen Hoffnungen und Träume und genau diese zeigen auch meine Bilder. Bei meiner Arbeit bin ich viel weniger durchgeplant, als manche glauben. Ich lege nicht los und denke: ,Yeah, lass uns heute Abend was Provozierendes tun.‘ Bilder passieren einfach. Ich tue, was sich richtig anfühlt.“ Ihr Lieblingsmotiv: „behaarte Schambeine“.

 

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Mit ihren authentischen Werken trifft Podobed einen Zeitgeist – bei uns und auch in ihrer Heimat, in der sie mittlerweile immer mehr Aufträge bekommt. Auch weil die Kunstszene in Kiew klein ist, man sich gegenseitig kennt und unterstützt. Doch auch über die Grenzen der Ukraine hinaus halten kreative Frauen „made in Eastern Europe“ zusammen. „Es gibt tolle Kolleginnen, besonders in Russland und Polen. Das wird zum Problem, wenn es um echte Jobs geht. Die interessantesten Jobmöglichkeiten gibt es nämlich außerhalb der Ukraine. Auch aus diesem Grund haben wir das internationale Kollektiv ,Join the Cool‘ gegründet, um mit noch mehr Soulmates aus der ganzen Welt zusammenarbeiten zu können.“ 

Inspiration zieht Podobed vor allem aus der Natur. „Die Natur in der Ukrai­ne ist eine unaufhörliche Inspirationsquelle. Es sind dabei oft kleine Dinge, die zu einer großen Idee führen. Manchmal inspiriert mich aber auch absolut nichts und ich knipse nur Bilder, um nicht vor Langeweile zu sterben“, sagt Podobed. Ziemlich paradox, weil man ihren Bildern selbst wohl als Allerletztes das Label „langweilig“ verpassen würde.

 

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Foto @geniavolkov 💛💔🤡☹️

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Podobeds Stil, mit ihrer unbefangenen Direktheit (die man vielleicht auch klassisch als „jugendlichen Leichtsinn“ bezeichnen kann) die Dinge zu ­betrachten, erinnert unwillkürlich an einen Mix aus den Werken der US-­amerikanischen Fotografin Nan Goldin und der ukrainischen Fotografin Anastasiya Lazurenko, die beide Feminität und weibliche Sexualität in Bildern einfangen, indem sie persönliche und höchst intime Grenzen streifen – ohne dabei zu verletzen. Konkrete Vorbilder hat Podobed aber nicht. „Es gibt Fotografen, die ich so sehr bewundere, vor denen ich so großen Re­spekt habe, dass es mich schon fast einschüchtert. Genau deshalb möchte ich niemanden imitieren.“ Muss sie auch nicht. Als Kinder der neuen Generation geben Podobed und andere Kreative in der Ukraine schließlich einen ganz eigenen Ton an. Einen, der nicht nur nach Aufbruch, sondern durchaus auch nach Heimatverbundenheit klingt. 

In politisch schwierigen Zeiten weiterhin gerne in der Ukraine leben zu wol­len ist eine Liebeserklärung. Eine, die aus Podobeds Mund so klingt: „Ich liebe das Klima. Ich liebe meine Freunde und meine Familie. Meistens habe ich eine wirklich aufregende Zeit hier. Wir haben günstige und leckere Früchte und saftiges Gemüse. Es kostet nicht viel, hier ein anständi­ges Leben zu führen. Die Ukraine liegt mitten in Osteuropa. Und ich habe das Gefühl, dass genau dieses Zwischen-den-Stühlen-Stehen das Land in einer besonderen Art und Weise prägt. Hier ist alles ,in-between‘.“

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