Die Londoner Fotografin Dejah Naya McCombe sagt mit ihren Arbeiten „Fuck you!“ zu Nazi-Skinheads, zelebriert die sanfte Seite der Männer und kämpft für das Aufbrechen gängiger westlicher Schönheitsideale. Wir haben sie zum Interview getroffen.
Fotos: Deja Naya McCombe
Dejah Naya McCombe hofft, dass die Menschen ihre Bilder als Stärkung für Frauen gemischter Herkunft sehen. Sie ist in einer Familie mit südasiatischen Wurzeln in der Nähe von Liverpool aufgewachsen. Rassismus hat sie dort sehr früh erfahren. Seit einem Jahr lebt Dejah in London, studiert Modekommunikation und hat sich von der multikulturellen Stadt zur Fotografie inspirieren lassen. Sie nutzt die Kunstform, um darauf aufmerksam zu machen, wie schön und wichtig es ist, Diversität zu zeigen.
Indische Frauen, Männer mit goldenen Ohrhängern und Blumen: Wie passt das zusammen? Zieht sich ein roter Faden durch deine Arbeit?
Blumen und Pflanzen sind meine neueste Obsession. Sie haben eine beruhigende Wirkung auf mich. Daher setze ich sie immer wieder als Props für meine Bilder ein. Indische Frauen haben den größten Einfluss auf alles, was ich mache. Sie haben eine historische Schönheit, die die Modeindustrie als Trend missbraucht. Der muskulöse „Tender Rude Boy“ war ein Projekt für die Uni. Ich habe mich von der Dokumentation „Paris Is Burning“ (1990) inspirieren lassen. Ich bin sehr stolz auf diese Arbeit. Ich finde, sie zeigt, dass man männlich, schwarz, heterosexuell und feminin sein kann. Es ist mir wichtig, ein Model mit Seele, mit einer Geschichte in den Augen zu finden. Das ist immer die Basis und dann baut sich die Strecke drum herum auf.
Wo findest du diese interessanten Menschen?
Auf Instagram. Es gibt dort beispielsweise eine Community von südasiatischen Frauen, die jeden Tag größer wird. Das ermöglicht mir nicht nur, neue Models zu finden, sondern auch, tolle Menschen kennenzulernen. Ein Model ist für mich kein Kleiderständer. Ich möchte mit Models arbeiten, die Persönlichkeit haben, und ich möchte sie kennenlernen. Die meisten meiner Modelle sind inzwischen richtig gute Freunde von mir.
Deine Porträts von einem indischen Mädchen mit abrasierten Haaren hast du „Punjabi Skinhead“ genannt…
Die Bilder sind für mich – und ich hoffe, auch für andere – ein „Fuck you!“ an jeden Neo-Nazi-Skinhead, der auf eine Person aufgrund der Hautfarbe herabsieht.
Hast du eigene Erfahrungen mit Rassismus gemacht?
Ich bin erst im September 2016 nach London gezogen. Eigentlich komme ich aus Merseyside. Ich habe indische, englische und spanische Wurzeln und bin in einer von Weißen dominierten Stadt in der Nähe von Liverpool aufgewachsen. Rassismus hat in meiner Kindheit eine große Rolle gespielt. Heute bin ich dankbar für die Erfahrungen. „Paki“ genannt zu werden hat mich dazu gebracht, mehr über meine Kultur lernen zu wollen. Meine Fotografie bekommt dadurch eine Tiefe, die sie nicht bekommen hätte, wenn ich diesen Situationen nicht ausgesetzt gewesen wäre.
Gibt es auch Dinge, die dich runterziehen und dich manchmal daran hindern weiterzukommen? Mit welchen Dämonen hast du zu kämpfen? Und wie besiegst du sie?
Ich habe viele Ängste. Wenn wir ehrlich sind, hat die jeder. Ich habe Angst, dass ich nicht mein volles Potenzial ausschöpfe. Dass ich nicht alles im Leben mache, was ich tun könnte. Dann, klar, auch Probleme mit dem eigenen Körper. Man sollte damit zufrieden sein, wie man aussieht. Nicht versuchen wollen, den unrealistischen Schönheitsnormen zu entsprechen, sondern seine eigene Schönheit feiern. Es ist hart, wir leben in dieser verrückten, von Social Media infiltrierten Welt – aber manchmal musst du besser dein Handy zur Seite legen, in den Spiegel gucken und einfach nur realisieren, dass du schön bist, und aufhören, dich mit anderen zu vergleichen. Ich habe großartige Freunde, wir reden offen darüber und es hilft zu wissen, dass andere Frauen dasselbe fühlen.
In deinen Bildern geht es um die Menschen, um ihre Kultur, ihren Ausdruck, ihre Individualität. Wäre es ein Widerspruch für dich, mit diesem Anspruch Mode zu fotografieren?
Ich habe ein Jahr Modedesign studiert und es gehasst. Mode ist für mich eine schöne Art, sich auszudrücken, aber leider hängt Mode sehr mit der westlichen Gesellschaft zusammen – mit Gier, mit Geld, mit festgefahrenen Bildern. Ich mag Mode, die im Dunkeln wächst. Die Subkulturen. Die wahren Schöpfer. Aber es gibt Möglichkeiten, Kultur und Mode zu verbinden. Die Arbeiten des Stylisten Ib Kamara zeigen beispielsweise genau das. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich sehe, was er macht. Ich würde in Zukunft sehr gerne mit ihm zusammenarbeiten.
Die Fotografin Dejah Naya McCombe möchte mit ihrer Arbeit die Vielfalt der
Schönheit zeigen. Mehr von ihr zu sehen gibt es unter instagram.com/dejahnaya