Im Galopp durch die Zeitzonen, 65 gemeinsame Freunde, Follower im k-Bereich. Social sind wir megagut aufgestellt und connecten, was das Zeug hält. Unsere Generation ist der Olymp der Vernetzung. Aber was kommt als nächstes? Virtuelle Bars, computergenerierte Freunde und Liebe in 3D und Megapixel? Oder haben wir von alldem längst genug und sind drauf und dran, das optimierte Profilbild mal wieder gegen einen echten Film zu tauschen? Ein Selbstversuch.
Unentschlossen trete ich von einem Bein aufs andere. Ich sehe noch einmal auf mein Handy. Es ist immer noch 00:20 Uhr. Eine Zeit, zu der man an einem Freitagabend ruhig mal nach Hause gehen kann. Das fand auch meine Freundin Marie. Sie muss morgen arbeiten und ist gerade zur U-Bahn-Station abgebogen. Nun stehe ich hier, fünf Minuten von meiner Haustür entfernt und brenne. Ich brenne, weil ich nicht müde bin. Ich will noch etwas erleben. Ich brenne für die Idee von Abenteuer. Ungeduldig scrolle ich durch Instagram und sehe mir an, was andere gerade erleben. Ich bin Digital Native. Ich mache das ständig. 00:22 Uhr. Die Tür neben mir geht auf und in einer Wolke aus Stimmen und Rauch entwischt ein Gast aus der Bar. Ich ergreife die Gelegenheit und husche hinein. So. Da bin ich nun, mitten in meinem persönlichen Abenteuer. Allein in einer Bar. Am Puls des Real Life. Immer noch umklammere ich mein Handy, meinen virtuellen Kosmos. Meine Freunde? Abwechselnd sehe ich auf das Display und durch den Raum. Ganz schön voll hier. „Suchst du jemanden?“ Der Typ auf dem Barhocker neben mir sieht mich fragend an. In Gedanken wische ich nach links. Oder nach rechts? Erst mal abwarten. „Nee“, sage ich. „Sieht aber so aus“, sagt der Typ. Und hat recht. Ich suche jemanden. Jemanden und etwas und das Abenteuer. Meine Generation sucht. Sie sucht nach der Zukunft, der einschlagenden Idee, dem passenden Tinder Match, der Anerkennung in „Likes“, vielleicht auch nach dem Ausstieg. Und am Ende nach sich selbst. Ich suche nach etwas, das mich nicht langweilt, und probiere es mit dem Alleinsein in Gesellschaft. Eigentlich auch nichts anderes, als bei Insta abzuhängen, oder?
„Platz“, sage ich. „Ich suche einen Platz.“ Das meine ich poetisch. Verstanden werde ich pragmatisch. „Kriegen wir hin“, sagt meine neue Kneipenbekanntschaft, bespricht sich mit seinem Freund und verweist auf einen Hocker zwischen ihnen. Dankend nehme ich an und klammer mich jetzt an den Tresen. Das Handy habe ich weggepackt. Links von mir sitzt Micha. Rechts Stephan. Wir sind Nachbarn. Im echten Leben. Online wären wir uns vermutlich nie begegnet. Wer weiß, wer wohin gewischt hätte. Jetzt teilen wir Gesellschaft statt Links. Geschichten und Drinks statt Selfies und Daumen. Das ist so yesterday. Aber es ist unser Jetzt. 04:42 Uhr. Der Barkeeper möchte Feierabend machen. Wir gründen eine WhatsApp-Gruppe. Am Ende bleiben wir eben wir selbst. Wir bleiben die Suchenden. Die Nachtschwärmer. Die Generation im Spagat zwischen Social Media und Real Life. Die Jongleure der tausend Möglichkeiten. Wir bleiben Digital Natives. Aber wir sind nicht allein.
„The Future Is Real“ ist der Kick-off zum brandneuen SKYY Journal. Ab sofort
findet ihr unter einegenerationweiter.tumblr.com und auf facebook.com/SKYY.de kreative Inhalte mit progressiver Haltung. Guest Writer wie Mary Scherpe von Stil in Berlin, Michel Niknafs (Mitinhaber des Berliner „Prince Charles Club“) sowie der Münchener DJ und Buchautor Milen Till gehen hier einen Schritt voraus, hinterfragen Konventionen und denken „eine Generation weiter“.
FOTOS: JCS
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