Das Ende einer Beziehung kann eine emotionale sowie körperliche Herausforderung sein und bringt uns nicht selten an unsere Grenzen. In einem Zustand der völligen Verzweiflung suchen wir nach Schmerzlinderung. Wir haben uns gefragt, wie diese konkret aussehen kann. Die gute Nachricht zu Anfang: Die (Er)Lösung liegt meistens in uns selbst.
„Es schwindelt mir, es brennt. Meine Eingeweide. Nur wer die Sehnsucht kennt, Weiß, was ich leide!“ Dieser letzte Vers aus Goethes „Nur wer die Sehnsucht kennt“ beschreibt zu gut den seelischen und körperlichen Schmerz, den wir bei Liebeskummer empfinden. Es braucht Zeit, bis wir uns hinter dem Schmerz wiederfinden und die Gefühle überwinden können. Damit sind wir nicht allein – und du bist es auch nicht. Eine schnelle Pille, die unseren Schmerz beseitigt, gibt es leider immer noch nicht, aber wir sind uns hier zumindest einig: Wenn wir lernen zu verstehen, dass Herzschmerz nach einem Verlust ein wichtiger Prozess ist, an dessen Ende eine stärkere und gewachsene Version von uns selbst wartet, dann haben wir schon die Hälfte geschafft. Was dabei konkret helfen kann, haben wir einmal in 9 Überwindungs-Tipps für dich zusammengefasst:
1. Verstehen, was jetzt in dir vorgeht
Zunächst ist es wichtig, dass du nachvollziehen kannst, was in dir passiert, wenn du unter Liebeskummer leidest. Liebeskummer ist per Definition der emotionale Schmerz, den wir durchmachen, wenn wir unerwiderte, unerreichbare oder verlorene Liebe erfahren. Die Symptome sind vielfältig und reichen von Gefühlen der Verzweiflung, Ohnmacht, Wut und Trauer bis hin zu körperlichen Beschwerden und Stresssymptomen wie Magendarm- und Kreislaufproblemen, Schlaf- und Appetitlosigkeit. Die Autorin und Neurowissenschaftlerin Anne Freier beleuchtet in ihrem Buch „Science of Break-up” Liebeskummer aus einer wissenschaftlichen Perspektive und zeigt auf, dass Stresshormone maßgeblich verantwortlich sind für unser Leiden. Laut ihrer Untersuchungen handelt es sich dabei um ein Relikt aus Zeiten, in denen wir in der Wildnis auf das Leben in der Gruppe angewiesen waren. Wenn wir die Gruppe verloren hatten, hatten wir kaum eine Chance und mussten um unser Überleben kämpfen. Freiers Studien zeigen, dass bei physischem und sozialem Schmerz dieselben Areale unseres Gehirns aktiviert werden. Nach einem Verlust entzieht uns der Herzschmerz unser Sicherheitsgefühl und damit unsere Wohlfühlstoffe wie zum Beispiel Dopamin. In dem Moment, in dem alles zusammenbricht, geraten wir außer Kontrolle. Wir wissen nicht, was uns in Zukunft erwartet, empfinden einen unerträglichen Zustand der Ungewissheit und geraten in emotionalen Stress.
Um den Stress aushalten zu können, braucht unser Körper viel Energie und damit Adrenalin, welches vom zwar schwächeren, dafür aber robusteren Cortisol abgelöst wird. Cortisol macht uns im Stresszustand „kampfbereit“ und kann enorme Kräfte auslösen. Bei Liebeskummer werden diese Kräfte nur unzureichend abgebaut, was uns wieder mehr Energie kostet und letztendlich kraftlos macht. Je länger dieser Zustand anhält, desto stärker reagiert unser Körper mit physischen Symptomen, die sich anhaltend negativ auf unsere Psyche auswirken können. Es handelt sich also um einen Negativ-Kreislauf, den wir dringend durchbrechen müssen, um endlich wieder frei atmen zu können. Aber reicht es, wenn du jetzt einfach mit ein bisschen Yoga und ein paar Atemübungen deinen Stresspegel senkst? Nach einer gescheiterten Wochenromanze mag das genügen, ansonsten gehört schon etwas mehr dazu:
2. Wissen, dass du nicht allein bist und es ist nicht für immer anhält
Als allererstes ist ganz wichtig, dass du weißt, dass das alles WIRKLICH vorbeigehen wird und du nicht die erste und auch nicht letzte Person sein wirst, der das passiert. „We’re all in this together“ gilt auch und besonders bei Liebeskummer. „Gefühle – auch sehr negative – sind eigentlich nur vorübergehend. Es wird immer Zeiten geben, in denen man sich etwas sehr wünscht und es einfach nicht klappt. Es ist normal, dass man eine Weile braucht, um sich davon zu erholen. Aber wenn man lernt, dass Gefühle vorübergehen können und auch vorübergehen werden – selbst wenn es so aussieht, als würde man ewig traurig sein – kann man sich daran erinnern, wenn man sich das nächste Mal so schlecht fühlt“, sagt die Psychologin Jane Mendle gegenüber Teen Vogue. Also merke dir: Es geht alles wieder vorbei, versprochen.
3. Dir Zeit geben und es (an richtiger Stelle) rauslassen
Dir ist etwas Schlimmes passiert und du hast jemanden verloren, den du liebst. Es ist ganz natürlich, dass du jetzt leidest und – Surprise – sogar wichtig für den Prozess. Gib dir Zeit zum Weinen, zum Nicht-Verstehen- und Nicht-Wahrhaben-Wollen, zum Rausschreien und In-Dich-Hinein-Schluchzen. Versuche dabei, kein Gefühl zu verdrängen oder zu relativieren. Schreib die berühmte Pro-und-Kontra-Liste. Sprich mit einer Person, die dir nah ist und dir gut zuhören kann. Erkläre ihr, wie du dich fühlst, was du nicht verstehst und welche Vorstellungen gerade für dich zusammenbrechen. Rede über jedes noch so bescheuerte Detail. Das alles hilft dir, deine Gedanken zu sortieren und zu Erkenntnissen zu kommen, die du in der Beziehung vielleicht noch nicht wahrnehmen wolltest. Aber bleib unbedingt damit bei dir und deinen Besten, denn es ist verdammt wichtig, dass du – wenn es denn unbedingt sein muss – deine*n Ex erst konfrontierst, wenn dieser erste chaotische Prozess in dir abgeschlossen ist.
Kleiner Tipp: Es hilft, wenn du alles, was du der verflossenen Person an den Kopf werfen willst, stattdessen dir selbst oder deinen Freund*innen schreibst. Lies es dir ein paar Tage später nochmal durch. Du wirst erleichtert sein, dass du es in diesem Moment nicht abgeschickt hast!
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4. Real(istisch) bleiben und die eigenen Werte kennen
Das Gefühlschaos in deinem Kopf sorgt auch dafür, dass du kaum klar denken kannst, was wiederum dazu führt, dass du dich weit mehr infrage stellst als notwendig. All die „Was wäre wenn“-Fragen verzerren das Bild der eigentlichen Situation und können zudem deinem Selbstbewusstsein schaden. In vielen Fällen so sehr, dass es sich negativ auf den Prozess und sogar die nächste Beziehung auswirken kann. Das muss nicht sein. Bleib bei dir und versuche, jeden einzelnen klaren und realistischen Gedanken (schriftlich) für dich festzuhalten. Vielleicht sagen dir deine Freund*innen, dass es nicht dein Verlust sei, sondern der deiner/s Ex. Und das stimmt! Diese Person ist nicht die einzige auf der Welt, du hingegen bist das einzige Du. Dein Selbstwert sollte nicht von dieser anderen Person abhängen. Du warst vorher schon super und bist es verdammt nochmal auch jetzt noch. Erinnere dich doch gerne daran, in dem du Dinge tust, die dich ausmachen und die du liebst.
5. Vermeide „Overtalking“
Rauslassen und die Dinge Revue passieren zu lassen, ist wichtig. Achte aber darauf, dass du irgendwann loslässt und nicht nur noch über das eine Thema redest. Psycholog*innen bezeichnen das als „overtalking“ und warnen davor, dass die Konzentration auf den Schmerz dafür sorgt, dass wir auch die Zurückweisung immer neu erleben und somit immer wieder die gleichen seelischen und körperlichen Prozesse erleben, die uns auf Dauer krank machen können. Ablenkung und andere Gedanken helfen und dürfen in ihrer Summe auf Dauer gerne überhand gewinnen. Um das aktiv anzugehen, fehlt dir aber sicherlich in der ersten Zeit noch die Kraft. Das ist völlig normal und okay. Bitte deshalb deine Freund*innen, dafür zu sorgen, dass du regelmäßig auf andere Gedanken kommst.
6. Die*den Ex soft aus deinem Leben blocken
Wir kennen es alle: Ist die Person auch (im besten Fall) im Real Life von der Bildfläche verschwunden, ist sie auf den virtuellen Plattformen wie Instagram und Co dafür noch umso präsenter. Alle 5 Minuten aktualisieren wir den Feed, checken den Online-Status auf WhatsApp und wollen jedes kleinste Detail wissen. STOP IT! „Das ständige Checken der sozialen Medien des Ex oder Schwarmes hält eine Beziehung künstlich am Leben, und die Leute tun das, weil sie noch nicht bereit sind, das Ende der Beziehung zu akzeptieren“, sagt Psychologin Mendle. Es erfordere eine Menge Disziplin, aber es sei enorm wichtig für die geistige Gesundheit, dass wir die Situation akzeptieren und die Finger von den Profilen der Person lassen. Es ist natürlich verständlich, wenn dir ein unfollow oder blockieren too much sind, aber mindestens sanftes Blockieren in Form von stummschalten kann drin sein. Ganz löschen bringt jedoch nachhaltig den effektivsten Erfolg. Laut Mendle stellen die meisten Menschen fest, dass es ihnen nach ein paar Tagen Abstinenz schon deutlich besser gehe. It’s worth a try!
7. Je mehr Programm, desto weniger Zeit für kreisende Gedanken
Bleibe am besten in Bewegung – literally: Sport hilft, den Serotoninspiegel zu erhöhen und gibt dir fehlende Wohlfühlstoffe zurück. Genau wie gesundes Essen, frische Luft und kleine Erfolgserlebnisse. Das kann schon eine perfekt gekochte Veggie-Bolo sein, aber vielleicht ist es ja auch Zeit für ein neues Hobby? Häkeln? Gedichte schreiben? Wasserski? Boxen? Ganz egal was, es hilft, deine Gedanken von der Trennung abzulenken und bestenfalls auf Dauer sogar ganz zu lösen. Achte dabei gut auf dich und überfordere dich nicht. Gönn dir Ruhe, buche dir eine Massage, geh ins Spa, nimm an einem Retreat teil. Da kannst du ganz nebenbei auch noch entspannt neue Menschen kennenlernen. Das absolute Non-Plus-Ultra der Ablenkungen nach Trennungen ist nämlich genau das: neue Leute kennenzulernen. Sobald du dich bereit fühlst, lade dir alle Dating- Apps runter, die du kennst und hab einfach Spaß. Oder auch nicht. Du darfst bei all diesen Aktivitäten natürlich trotzdem traurig sein und mit einem Heulkrampf neben der Minigolf-Bahn oder auf der Massageliege zusammenbrechen. Hauptsache du lässt die Finger von der Kurzwahl und dem Chat der verflossenen Person!
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8. Wenn nichts mehr geht, hol dir Hilfe
Du hast genug darüber gesprochen, deine*n Ex in den sozialen Medien blockiert und auf alle erdenklichen Weisen versucht, dich von ihr oder ihm zu lösen, aber steckst dennoch in dem Kreislauf der Traurigkeit fest? Dann ist es an der Zeit, zu überlegen, ob du nicht lieber jemanden um Rat bittest, dir professionell aus der Scheiße rauszuhelfen. Das ist zum Beispiel unbedingt notwendig, wenn
…du dich ausnahmslos niedergeschlagen fühlst und keinen Moment des Tages mit etwas anderem verbringen kannst als mit deinen traurigen Gedanken.
… deine Gedanken und Gefühle dich daran hindern, Dinge zu tun, die dir normalerweise Spaß machen würden.
… deine Gedanken und Gefühle dich daran hindern, deinen Alltag zu meistern oder daran, mit deinen Freund*innen und anderen Menschen überhaupt interagieren zu können.
… wenn du suizidale Gedanken entwickelst.
Es gibt viele verschiedene Arten der Beratung. Bei einigen geht es nur um Support und darum, dir zuzuhören. Andere sind aktiver: Die beratende Person hilft dir gezielt, deine Stimmung zu verbessern und dabei, mehr Kontrolle über deine Gefühle zu gewinnen.
Unten findet ihr telefonische und Online-Anlaufstellen sowie weitere Adressen, die euch im Notfall helfen können.
9. Im besten Fall überwindest du deinen Liebeskummer und gehst gestärkt raus – bereit, dich wieder zu verlieben und etwaigen schmerzvollen Erfahrungen gewappnet entgegen treten zu können. Dieser unglaublich alte und überhörte Spruch „Was dich nicht umbringt, macht dich härter” ist hier jedoch Bullshit. Im Gegenteil, solche Erfahrungen machen dich sensibler für deine Bedürfnisse, achtsamer für das, was du liebst und gerne tust, aufmerksamer im Bezug auf Menschen, die dir nicht gut tun und gelassener im Umgang mit Ereignissen, die dich plötzlich aus der Bahn werfen. Kurz: Sie sorgen dafür, dass du wächst und dich besser kennenlernst. Und das ist ein Profit, der diesen ganzen unerträglichen Schmerz am Ende immer wieder legit macht.
Anlaufstellen und Adressen für professionelle Hilfe:
Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe hat ein Info-Telefon Depression unter der Nummer 0800/3344533.
Auf der Website findest du zudem Kliniken und Anlaufstellen mit Schwerpunkt Psychiatrie und Psychotherapie per Schnellsuche. Da gibst du einfach deinen Wohnort ein und erhältst eine Liste mit Einrichtungen in nächster Nähe. Ebenfalls dort kann du Krisendienste und Beratungsstellen in deiner Umgebung finden.
Unter den Rufnummern 0800/1110111 und 0800/1110222 bekommst du telefonische Soforthilfe. Die Hotline ist täglich 24 Stunden erreichbar, anonym und kostenlos. Die „TelefonSeelsorge“ bietet auch Mail-, Chat- und Vor-Ort-Beratungen an.
Zudem gibt es ein muslimisches Seelsorgetelefon, das rund um die Uhr unter 030/443509821 erreichbar ist.
In einer akuten Krise solltest du nicht scheuen, die Rufnummer 112 zu wählen. Der Rettungsdienst ist auch für genau sowas da und leistet Ersthilfe in kürzester Zeit.