Zum Weltfrauentag – Eine Dekade Feminismus: Was hat sich in den 2010ern für Frauen verbessert?

Am 8. März ist Weltfrauentag. Und nicht nur an diesem Tag gilt es, die letzten Jahre Puncto Fempower Revue passieren zu lassen, um zu klären, was erreicht wurde und was noch kommen muss. Schauen wir uns doch mal an, was sich zwischen 2010 und 2020 für die Frauen getan hat…

Zunächst einmal: Die Auswahl des Dekaden-Rückblicks ist subjektiv. Aber so was von. Es ist viel passiert, weshalb es fast unmöglich ist, alles aufzulisten. Wir versuchen es einmal mit Ereignissen, die entweder Herzen von Feministinnen höher im Takt der Zufriedenheit schlagen lassen, oder uns zumindest einen Schritt mehr in Richtung Gleichberechtigung brachten.

Erster Regie-Oscar für eine Frau

Starten wir also gleich mal in 2010: Das ist das Jahr, in dem zum ersten Mal eine Frau den Regie-Oscar gewinnt. US-Regisseurin Kathryn Bigelow. Nach 82-jährigem Bestehen der  Academy Awards holt die Amerikanerin die goldene Trophäe für „The Hurt Locker“ (In Deutschland hieß der Film „Tödliches Kommando – The Hurt Locker“). Aber in Sachen Gleichberechtigung und Diversity gibt es bei den Oscars noch einiges zu tun:  Women’s Media Center hat eine Statistik veröffentlicht, in der es heißt, dass 75 Prozent der nominierten Nicht-Schauspieler Männer sind. Das bedeutet, die Industrie lässt die Frauen vor die Kamera, aber hinter der Kamera ist es mit der Anerkennung noch immer nicht so leicht. Und die Unterrepräsentation von People Of Colour, Asiaten und Lateinamerikanischen Filmschaffende ist nach wie vor ein großes Problem.

#Aufschrei in 2013

Die Journalistin Laura Himmelreich stößt nach anzüglichen Bemerkungen des FDP-Politikers Rainer Brüderle eine Sexismusdebatte mit an. Bei Twitter etabliert sich der Hashtag #Aufschrei für Nachrichten über Sexismus und das ganze nimmt an Fahrt auf.  Tausende Frauen fühlen sich ermutigt, ihre eigenen Erfahrungen mitzuteilen. Es ist der Anfang des Netzaktivsimus und gefühlt das erste Sammelbecken für Sichtbarmachung von Alltagssexismus. Zu „Me Too“ kommen wir natürlich später noch, doch da sind noch einige Jahre Errungenschaften für Frauen dazwischen.

Friedenbobelpreis für Malala

Die Geschichte dieses Mädchens ist mehr als filmreif, sie ist vorbildlich: Malala Yousafzai ist gerade mal elf Jahre alt, lebt mit ihrer Familie im Swat-Tal im Nordwesten Pakistans, als die Taliban ein Schulverbot für Mädchen verhängen. Malala trotzt und geht weiterhin zum Unterricht und fordert das Recht der Mädchen auf Bildung. Im Oktober 2012 stürmt ein Attentäter der Taliban ihren Schulbus und schießt auf sie. Sie überlebt den Anschlag und die Bilder des verwundeten Mädchens gehen um die Welt. 2014 erhielt sie dann den Friedensnobelpreis.

Einführung der Frauenquote

Am 6. März 2015 beschließt der Bundestag ein Gesetz zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen. Das Gesetz legt eine „Geschlechterquote von mindestens 30% für Aufsichtsräte von voll mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen, die ab dem Jahr 2016 neu besetzt werden“ fest. Bis heute sind die Meinungen geteilt über das Ezwingen eines Gleichgewichts und dennoch hat sich durch die Festsetzung des Gesetzes für viele Frauen Chancen aufgetan, die sie sonst vielleicht nicht hätten.…

Pussy Riot

Zunächst einmal ist es ein trauriges und beschämendes Ereignis: 2015 nimmt die Polizei in Moskau Aktivistinnen der Punkgruppe Pussy Riot fest Weil sie am russischen Nationalfeiertag unweit des Kreml für die Rechte von Frauen im Gefängnis demonstrieren. Der Fall bekommt internationales Aufsehen und Pussy Riot werden gefeierte Rebellinnen der Popkultur. Auch nach der Freilassung schweigen die Musikerinnen nicht und kritisieren Putin und Russlands Regierung – wenn auch aus Sicherheitsgründen maskiert. Sie sind aktuell auf Welttournee.

 

 

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Nein heißt Nein

Auch wenn die Gallionsfigur für das neue Gesetz  für viele eine zu „beschmutzte“ Weste hatte, hat der Fall der Gina-Lisa Lohfink ein wichtiges Gesetz zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung zufolge. Am 10. November 2016 tritt „Nein heißt Nein“ in Kraft. Das Sexualstrafrecht wird dahin gehend verschärft, dass erstmals der Grundsatz gilt, dass für die Strafbarkeit eines Übergriffes nicht mehr darauf ankommt, ob mit Gewalt gedroht oder diese angewendet wird. Entscheidend ist: Das Opfer hat die sexuelle Handlung nicht gewollt und damit ist dies zu bestrafen. Endlich.

Maria Magdalena wird Apostelin

Hallelujah, der Vatikan wertet 2016 die Rolle der heiligen Maria Magdalena auf und stellt sie liturgisch den Aposteln gleich. Der bisherige „gebotene Gedenktag“ am 22. Juli wird in der katholischen Kirche in ein Fest umgewandelt. „Ein kleiner Schritt aufwärts im „Who is who“ der Heiligen, aber ein großer Schritt für die Wertschätzung der Rolle von Frauen in der Kirche“, schreibt Radio Vatikan zu der Entscheidung.

Me too

Mit den Enthüllungen um den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein beginnt eine internationale Diskussion über sexuellen Missbrauch, Nötigung und Belästigung. Unter dem Hashtag „Me too“ machen Frauen weltweit darauf aufmerksam. Ursprünglich hatte die Sozialaktivistin Tarana Burke 2006 das Hashtag verwendet, um in sozialen Netzwerken die Empathie unter afroamerikanischen Frauen mit Missbrauchs-Erfahrungen zu stärken. Nachdem 2017 aber die US-amerikanische Schauspielerin Alyssa Milano unter dem Hashtag MeToo andere Frauen aufruft, in sozialen Medien ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen, Missbrauch und Diskriminierung zu teilen, wird eine weltweite Welle losgetreten. Allein bei Instagram sammeln sich in diesem Moment 2.295.902  Beiträge unter dem Hashtag.

Time’s up

Ein neue Runde Aktivismus gegen Sexismus und sexuelle Übergriffe: 2018 starten Hunderte Hollywoodstars eine Iniative gegen sexuelle Belästigung. Nach dem Motto, die Zeit für Sexismus und sexuelle Übergriffe ist vorbei, wollen die Schauspielerinnen für Awareness sorgen und  betroffenen Frauen unter anderem mit 13 Millionen Dollar helfen.

Führerschein für Frauen in Saudi-Arabien

2018 gibt es ein epochales Ereignis in einem streng religiösen und konservativen Land wie Saudi-Arabien. Saudische Frauen dürfen erstmals selbst Auto fahren. Und es gibt noch mehr weitgreifenden Lockerungs-Umbrüche durch Kronprinz Mohammed Bin Salman: Er hat auch der Eröffnung von Kinos und der Teilnahme von Frauen als Zuschauerinnen bei Fußballspielen zugestimmt.

Erste EU-Chefin

Eine Deutsche an der Spitze der Europäischen Union: Ursula von der Leyen ist in Brüssel geboren, aber in Niedersachsen aufgewachsen und jetzt die erste Frau, die zur EU-Kommissionspräsidentin gewählt wird. 383 Abgeordnete hat sie überzeugt, 374 Stimmen waren mindestens nötig. Glückwunsch!

Tampon-Steuer

2019 haben wir es endlich vor den Bundestag gebracht! Ab dem 1. Januar 2020 wird die Mehrwertsteuer auf Binden, Tampons und andere Hygieneartikel, die wir nunmal während unserer Periode benötigen, von 19 Prozent Mehrwertsteuer auf 7 Prozent gesenkt. Die zwei Drogeriemärkte dm und Rossmann  haben direkt nach Beschluss des Gesetzes und noch vor des Inkrafttretens Menstruationsprodukte günstiger gemacht. Na, geht doch!

Da wir im Hier und Jetzt angekommen sind bei unserem kleinen Zehn-Jahres-Rückblick, gilt zu sagen: Es war schon eine Dekade Feminismus. Weil Aktivismus sexy geworden ist, ist Fem-Power Trend geworden. Viele Frauen sind aufmerksam darauf geworden, dass die Welt noch nicht gleichberechtigt ist und dass man für andere Frauen und ihre Rechte mitkämpfen muss. So kann es 2020 direkt weitergehen, denn ihr wisst ja: The Future is… fair.

Dieser Artikel ist ursprünglich am 28.12.2019 erschienen.

 

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