Zeig mir deine Wohnung und ich sag dir, wer du bist. Wir stellen euch Modemenschen, Freunde und Wegbegleiter mitsamt ihrer vier Wände vor. Design oder Selfmade? Verspielt oder clean? Souterrain oder Dachterrasse? Wir schauen uns um und nehmen euch mit: BLONDE zu Besuch bei… Julia Kopper und Robert Felgentreu von Muxmäuschenwild.
Julia Kopper und Robert Felgentreu sind – ohne pathetisch klingen und von solchen inflationär in die Jahre gekommenen Begriffen überhaupt Gebrauch machen zu wollen – nicht nur ein echtes Dream Team, sondern auch wahre Work-Life-Balance-Akrobaten: Sie wohnen, leben und arbeiten zusammen – und das mit ganz viel Liebe füreinander und zum Detail. Dabei sind die Zuständigkeiten klar definiert: Julia hält als Geschäftsführerin und Gründerin der gemeinsamen Event- und PR-Agentur Muxmäuschenwild die Zügel in der Hand, Robert lenkt sie als kreative Leitung und Fotograf nicht nur visuell in die richtige Richtung.
Während sie für die repräsentativen Räumlichkeiten ihrer Agentur eine Parterrewohnung im Prenzlauer Berg gewählt haben, liegt ihre Wohnung als Rückzugsort von Trouble und Stress im Vorderhaus am Rande von Berlins neu erkorenem Szeneviertel Neukölln im dritten Stock. Einzige Gemeinsamkeit: ihr Händchen für zeitgenössische, ungezwungene Interieur-Ensembles und die Größe. Auf 150 Quadratmetern in majestätischem Altbau mit Fischgrätenparkett, traumhaftem Kachelofen und frei gelegten Wandbordüren haben sich die beiden in den vier Räumen ein Wohlfühlparadies geschaffen, das zum Stöbern, Verweilen und Bleiben einlädt.
Und ähnlich wie der Name ihrer Agentur bereits vermuten lässt, lieben sie es, mit Kontrasten zu kokettieren, und haben es sich zur privaten wie beruflichen Aufgabe erklärt, stets über den Tellerrand hinaus zu agieren. So verwundert es nicht, dass sich hier Vintage-Tische, Second-Hand-Sofas und Familienerbstücke ebenso wieder finden wie junges Design und Selbstgemachtes.
Julia, du bist im Dezember 2011 allein hier eingezogen, Robert ist ein Jahr später dazugestoßen. Hat diese Maßnahme die Einrichtung der Wohnung verändert?
Robert: Es ist schon das Meiste auf ihrem Mist gewachsen. Wir haben aber eigentlich auch fast den gleichen Stil. Wenn ich unabhängig von ihr eine Wohnung einrichten würde, käme das so ziemlich auf das Gleiche heraus.
Julia: Wir haben natürlich überlegt, ob wir jetzt etwas ändern müssen, weil er sich hier ja auch wohl fühlen sollte. Er meinte dann aber nur: Eigentlich ist alles perfekt so!
Und jetzt entscheidet ihr solche Fragen gemeinsam?
Robert: Klar. Das ist ja auch ein ganz natürlicher Prozess des gemeinsamen Wohnens. Man kauft hier und da gemeinsam Neues und dafür fliegen eben alte Sachen raus.
Julia: Man findet bestimmte Dinge ja auch irgendwann einfach nicht mehr schön. Und ich kann mich eigentlich ganz gut von alten Sachen trennen.
Wie würdet ihr euren Einrichtungsstil beschreiben?
Julia: Sehr klar. Ich hasse Sachen, die nur rumstehen und keinen Nutzen haben – überflüssige Deko und so Weiberkram.
Robert lacht und deutet auf ein arrangiertes Vasen-Ensemble auf dem Tisch.
Julia: Ja, Vasen zählen nicht, die haben ja eine Funktion. [lacht auch] Gut, die Küche ist vielleicht etwas verspielter und mädchenhafter als der Rest der Räume, ansonsten ist aber alles eher clean.
Robert: Tatsächlich sahen meine allererste bis zur letzten Wohnung alle so aus wie die – mehr oder weniger. Man entwickelt sich natürlich weiter, aber vom Stil her hatten wir beide schon immer eine wirklich sehr klare Linie.
Wie wichtig ist euch denn eine „schön“ eingerichtete Wohnung?
Julia: Sehr wichtig! Wenn ich eine leere Wohnung sehe, habe ich immer schon genau im Kopf, wie es da aussehen könnte. Und wenn ich so darüber nachdenke, wofür ich eigentlich wie viel Geld ausgebe, sind Home Accessoires und Möbel auf jeden Fall ganz vorne mit dabei. Vielleicht sogar noch vor Mode. Oder zumindest auf einer Ebene.
Welchen Zweck muss eine Wohnung eurer Meinung nach erfüllen?
Robert: Für mich sind meine Wohnungen immer schon ein Rückzugsort gewesen, der stets meinem inneren Wesen entspricht, mal mehr und mal weniger. Sie hat also gar nicht so sehr den funktionalen als vielmehr den emotionalen Nutzen.
Julia: Das braucht es ja auch einfach, vor allem wenn man rund um die Uhr arbeitet so wie wir. Ich schließe mich also an!
Hier ist es ja jetzt sehr aufgeräumt – sieht das immer so aus oder darf es schon auch mal chaotisch zugehen?
Julia: Ich bin ein wahrer Ordnungsfanatiker, ich hasse es, wenn es nicht aufgeräumt ist. Vor allem wenn ich Stress habe und dann morgens aufstehe und es chaotisch ist – das macht mich wahnsinnig!
Robert: Das passiert aber natürlich trotzdem, gerade wenn man Stress hat.
Auf den ersten Blick wirken eure Möbel trotz klarer Linie aber auch wie ein Sammelsurium aus verschiedenen Dekaden. Was begleitet euch seit jeher?
Julia: Eigentlich nichts so richtig. Robert hat mir zum Geburtstag aber mal eine selbst gemachte Lampe geschenkt – aus einem Birkenstamm und Kupferschirm. Die musste bisher zwar noch nicht mit umziehen, würde es aber auf jeden Fall immer tun.
Robert: Bei mir sind das tatsächlich meine Gitarre, die allerdings nur einen dekorativen Zweck erfüllt, und auch eine Lampe – von meinem Großvater –, die zwar jetzt gerade in der Kammer liegt, von der ich mich aber nie trennen könnte. Sie hing im Arbeitszimmer von meinem Großvater, wo er mir als Dreijährigem immer vorgelesen hat. Irgendwann kam ich dann mal zu ihm und die Lampe war weg. Ich war total schockiert. Aber er hat sie aufgehoben und mir dann für meine erste eigene Wohnung geschenkt. Irgendwann bekommt sie auch wieder einen ganz besonderen Platz.
Dann kehren wir das Spiel mal um: Von welchen Möbelstücken könntet ihr euch hier und jetzt sofort trennen?
Julia: Im Gästezimmer steht eine knallrote Ligne-Roset-Couch, die irgendwann mal etwas ganz Besonderes war, und jetzt kann ich sie einfach nicht mehr sehen.
Ihr habt es vorhin schon angesprochen: Wohnen ist ein Prozess. Was sind die nächsten Projekte, die ihr angehen wollt?
Robert: Definitiv das Arbeits- beziehungsweise Gästezimmer. Das ist längst überfällig. Es gibt ja den schönen Spruch: „Nichts hält länger als Provisorien“, sprich, irgendwann hat man das alles mal eben schnell so hingestellt und dann ist es so geblieben – bis hin zu Bildern, die an der Stelle auf dem Boden stehen bleiben, wo sie vielleicht mal an die Wand kommen sollten. Und genau so denkt man ja auch nicht andauernd einen Raum noch einmal neu, sondern man gewöhnt sich einfach daran.
Julia: Dazu muss man fairerweise aber auch sagen, dass sich mit dem neuen Studio natürlich erst einmal alles dorthin fokussiert hat. Klar, denn wenn wir ehrlich sind, verbringen wir da auch einfach mehr Zeit als zu Hause.
Wo werdet ihr fündig, wenn ihr neue Möbel kauft? In Second-Hand-Läden, bei altbekannten Möbelriesen oder aufstrebenden Jungdesignern?
Julia: Eigentlich halten sich Vintage-Teile, neue Designer und antike Funde hier ganz gut die Waage. Im Esszimmer steht zum Beispiel ein Sekretär, den ich von meinen Eltern geerbt habe, weil sie ihn nicht mehr sehen konnten. Im Moment stehe ich aber eher auf Newcomer-Design-Labels und mag dann besonders die Mischung aus Klassikern und jungen Designs.
Was sind denn so die Newcomer-Designer der Stunde?
Julia: Ganz toll finde ich beispielsweise die Lampen von Deux. Das sind Stehlampen, die man einfach an die Wand lehnen kann, ohne dabei hässliche Löcher zu verursachen. Die Neon-Installationen von Sygns mag ich sehr gerne, außerdem Möbel von Sitzfeldt, MyKilos und Supergrau. Wenn ich es mir leisten könnte, würde ich nur bei solchen Labels zuschlagen – denen, die noch richtig was werden könnten.
Wie habt ihr denn zu Muxmäuschenwild und andersherum gefunden?
Julia: Das war nicht geplant, sondern ist einfach so passiert. Ich war eigentlich immer schon selbstständig und habe irgendwann angefangen, das „Golden Dinner“ als Pop-up-Restaurant-Konzept ins Leben zu rufen. Daraufhin habe ich immer mehr Anfragen für die Bereiche Event und PR bekommen und anfangs versucht, das noch auf freier Basis und mit einem kleinen Team zu bewerkstelligen. Irgendwann hat das dann aber einfach überhand genommen und brauchte etwas mehr Struktur – und Muxmäuschenwild ward geboren. In dem ganzen Prozess habe ich schon früh Robert immer wieder um Rat gefragt, und weil wir auch sehr viel Bedarf an dem haben, was Robert macht und kann, war das auf einmal ein gemeinsames Ding.
Robert: Und wir sind wirklich die perfekte Mischung: Ich komm aus der Marke, sie kommt aus der PR und dem Marketing. Das hat sich total befruchtet und ohne, dass wir das gewollt hätten. Angefangen hat das vor nicht einmal zwei Jahren alles hier im Wohnzimmer, danach ging es in ein Achtquadratmeter-Büro in Neukölln, dann in 35 Quadratmeter nach Mitte und jetzt sind wir bei 150 Quadratmetern im Prenzlauer Berg.
Berlin ist nicht nur euer privater, sondern auch euer beruflicher Lebensmittelpunkt. Soll er das bleiben?
Julia: Ja, total. Natürlich habe ich mich hin und wieder noch einmal gefragt, ob ich doch irgendwo anders leben wollte, aber tatsächlich ist alles gut so, wie es ist. Und die romantische Vorstellung, raus aufs Land zu ziehen, die habe ich irgendwie auch nicht. Eine Dachterrasse wäre allerdings toll für einen möglichst weiten Blick und um das Wetter kommen und gehen zu sehen.
Robert: Mich brauchst du das nicht fragen. Ich bin Berliner, für mich gibt es da gar keine Diskussion. Und aufs Land zieht es mich auch so gar nicht. Ich habe immer schon urban gewohnt und nicht vor, das zu ändern.
Ihr arbeitet zusammen, ihr wohnt zusammen, ihr lebt zusammen. Wie funktioniert so eine 24/7-Liasion?
Robert: Ich gehe zweimal die Woche zum Fußball. [lacht] Nein, klar ist das auch schwierig. Normalerweise kommst du nach Hause und kannst dich bei deinem Partner über deine Probleme im Büro ausheulen. Das ist hier nicht so einfach, weil einer von beiden ja auch immer Teil des Problems ist. Deswegen haben wir die Aufgabenbereiche auch strikt getrennt – so viele Überschneidungen gibt es also nicht.
Julia: Wir sind da tatsächlich sehr reflektiert und überlegen uns schon, ob uns das gut tut, vor allem als Paar. Aber noch passt das alles. Und immerhin gibt es schon mal einen Streitpunkt weniger, nämlich die Diskussion „Warum arbeitest du so viel?“.
FOTOS: Paul Aidan Perry