Für alle, die Montage mal anders angehen wollen – auch im Job. Ein Plädoyer für mehr Selbstbewusstsein und weniger Defensive.
Illustration: Laura Binder
„Ich kann den Job tausendmal besser als mein Chef, vom ganzen Däumchendrehen aus Langeweile wird meine Hand taub, meine Kollegen atmen zu laut und warum regnet es überhaupt schon wieder?“ Gründe, sich über die Arbeit auszukotzen, wird es immer geben. Zugegeben, ab und an kann ausgiebiges Jammern ein Ventil sein, bevor sich alles aufstaut und einen der ungeplante Wutanfall im Büro Tische umschmeißen lässt. Doch wenn die Schallplatte dauerhaft auf „Mimimi“ hängen geblieben ist, weil man im Job aufsteigen will, sollte man sich eingestehen, dass permanentes Meckern nicht nur kontraproduktiv ist, sondern auch depressiv macht – und definitiv etwas im Job nicht stimmt.
Im Job aufsteigen: Der steinige Weg an die Spitze
In solchen Zeiten ist immerhin die Ausgangsposition eine gute, denn vom ganzen Augenrollen ist man schon gewohnt, nach oben zu blicken. Und genau dort oben liegt die Lösung der Probleme, denn insgeheim wünscht man sich eine höhere Position. Meist ist man unzufrieden und fühlt sich eingeschränkt oder bevormundet und empfindet besonders das einem aufgedrückte Preis-Leistung-Verhältnis als unfair. Und da Hochschlafen oder reich heiraten keine Optionen sind und man auch nicht bei jeder Kleinigkeit alles hinschmeißen und kündigen kann, heißt es Zähne zusammenbeißen und die Ellenbogen rausholen, um sich einen Weg durch diese Misere zu bahnen. Dabei geht es gar nicht darum, die Kollegen als Sprungbrett für eine bessere Zukunft zu missbrauchen, sondern seine inneren Kräfte zu mobilisieren und gestärkt jedes Hindernis zu überwinden, ohne sich in der Opferrolle zu suhlen. Denn letztlich ist dieser – und generell jeder – Weg, nicht erst seit Xavier Naidoo ihn beträllert hat, steinig und schwer.
„In den heutigen Zeiten müssen wir uns unserer Freiheiten bewusst sein und aktiv auf die Jagd nach unserem Glück gehen.”
Vielleicht liegt es an der steinzeitlichen Rollenverteilung, die uns einimpft, dass Männer die Jäger sind und Frauen die geborenen Sammler – doch gerade im Berufsleben sollte man nicht darauf vertrauen, dass man Beförderungen einfach so vor die Füße gelegt bekommt oder Komplimente und Sonderleistungen im Treuepunktsammelheft verbuchen kann, das man irgendwann für den Wunschjob einlöst. Offensichtlich fehlt es uns deshalb an Kampfgeist, aber in den heutigen Zeiten müssen wir uns unserer Freiheiten bewusst sein und aktiv auf die Jagd nach unserem Glück gehen. Die Karriereleiter geht es nun mal nicht per Vitamin B(eziehung) nach oben. Und all diejenigen, die auf die „Das hat mir keiner gesagt“-Taktik setzen, bescheinigen sich damit nur die eigene Inkompetenz.
Aus Einbahnstraßen führt nur der Rückweg
Das Schwierige am Streben nach beruflichem Erfolg ist die Ungewissheit, wohin man eigentlich exakt möchte und ob dort noch Platz für einen ist. Es gibt nun mal kein Navigationsgerät, das uns sagt, an welcher Kreuzung wir rechts abbiegen müssen und wann wir das Ziel erreicht haben. Daher ist es umso wichtiger, sich selbst eine Route auszusuchen, sich den Rücken freizuhalten und so lange zu kämpfen, bis man die eigene Zufriedenheit zurückerobert hat. Und im Zweifelsfall, wenn der Energietank wirklich leer ist, muss man den Job verlassen, auftanken und woanders neu durchstarten. Ausdauer in Ehren, aber aus Einbahnstraßen führt nur der Rückwärtsgang heraus.
Aussitzen aus Loyalität? Kann nicht die Lösung sein, wenn du im Job aufsteigen willst
Besonders Frauen tendieren dazu, aus Loyalität vieles auszusitzen. Permanente Unterforderung wird mit der Schlechte-Zeiten-Ausrede abgetan, zickige Kollegen haben vermutlich nur private Probleme und vor der herrischen Chefin versteckt man sich dem Klischee nach auf der Toilette. Doch hin und wieder muss man seinen Pragmatismus ablegen und sich der Konfrontation stellen – einmal, weil sich nur so etwas ändert und zum anderen, weil die Konkurrenz nicht schläft. Diese ist zwar rein rechnerisch überwiegend männlich, doch auch immer mehr Frauen haben den Ansporn, sich hochzuboxen, und man darf nicht vergessen, dass Stutenbissigkeit auch durch einen allgemeinen Feminismus-Trend nicht komplett beseitigt wurde.
„Gönnt euch die Überzeugung eurer eigenen Fähigkeiten, das selbstsichere Auftreten und die Erkenntnis, dass man manchmal die Fäuste rausholen muss.”
Keine falsche Bescheidenheit
Taktische Spiele werden zu neuen Herausforderungen. Positive Eigenschaften wie Durchhaltevermögen werden gern umgekehrt. Dann heißt es, man sei hysterisch, verbissen und hätte einen krankhaften Ehrgeiz entwickelt. Besonders in solchen Situationen ist Ausdauer von Vorteil und man sollte dem Mantra folgen „In der Ruhe liegt die Kraft“ – denn zu viel Aggressivität ist ein Garant für die fristlose Kündigung. Aber auch andere Dinge erschweren den Weg nach oben, zum Beispiel die eigene falsche Bescheidenheit: „Es wäre wirklich super, wenn ich irgendwann demnächst – es muss ja nicht sofort sein – so ungefähr zehn, nein, sagen wir fünf Prozent mehr Gehalt bekommen könnte.“ Das ernst zu nehmen fällt schwer. Männer schlagen da meist schon eher wie selbstverständlich mit ihrer „Wer ist hier der Coolste?“-Haltung auf und nehmen sich einfach das, was ihnen zusteht. Wer sich wirklich hochboxen möchte, der sollte sich jeder Konfrontation mutig stellen und schlagfertig in jedes Gespräch gehen.
Deshalb gönnt euch die Überzeugung eurer eigenen Fähigkeiten, das selbstsichere Auftreten und die Erkenntnis, dass man manchmal die Fäuste rausholen muss. Gönnt euch das Selbstbewusstsein, dass ihr alles schaffen könnt, wenn ihr nur wollt, und Offensive besser ist als Defensive. Und vor allem gönnt euch jederzeit einen Boost für die eigene mentale Stärke, durch die ihr im Job aufsteigen könnt.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 3. September 2018 auf blonde.de veröffentlicht.