Gegen sexistische Partyhits: Ein offener Brief

Bild: Polina Kovaleva/Maurício Mascaro via Pexels (bearbeitet)
Gerade steht der Party-Song „Layla” an der Spitze der deutschen Charts – und wird als sexistisch und diskriminierend kritisiert. Aus Event-Playlists ist das Lied deswegen bereits verschwunden. In seiner Sparte aber ist der Song kein Einzelfall: Auch das Cover „Donaulied” von Mickie Krause machte in der Vergangenheit Sexismus während der Karnevalssaison zum Partybrüller. Es folgt: eine Abrechnung aus unserem Archiv.

 

Dieser Beitrag wurde ursprünglich am 20. Februar 2019 unter dem Titel „Ich wusste nicht, dass ich Feministin bin – bis ich diesen Song hörte“ veröffentlicht.

Ob man nun mit Abneigung oder Toleranz á la „ist doch ganz lustig” dazu steht: Früher oder später stolpert man auf jeder Faschingsparty über Sexismus. Bestes Beispiel ist das „Donaulied” von Mickie Krause. Der Text ist weder zu tolerieren noch „ganz lustig”.

Liebe Karnevalisten da draußen,

ich toleriere euch. Es ist okay, wenn ihr zur „fünften Jahreszeit“ eure geilen Körper aneinanderreiben wollt. Feel free! Wir leben in einem freien Land und ein ausgefülltes Sexualleben ist wesentlicher Baustein persönlichen Glücks. Und das Wichtigste ist: Wenn ich nicht will, muss ich euch nicht dabei zusehen, muss eure verschwitzten, billigen Polyesterkostüme und Bierfahnen nicht riechen und die schlechten Witze nicht hören. So kann mir der ein oder andere politische Umzugswagen in der Tagesschau sogar ein Lächeln entlocken. Und ja, diese Distanz ermöglicht es mir sogar, meine Galle im Zaum zu halten, wenn mir im Netz dann trotzdem Doppelnamenwitze und andere Zeugnisse übermäßigen Alkoholkonsums über den Weg laufen. Ist mir egal. Wäre ja schlimm, wenn wir dieselbe Meinung oder gar denselben Geschmack hätten.

Haben wir nicht. Dass Death Metal leichter erträglich ist, als eure Partylieder, weiß ich vom Après Ski. Da positioniert man sich möglichst entfernt von den Lautsprechern, damit einem nicht unversehens der Lumumba wieder hoch kommt.
Und jetzt ist es doch passiert: Ich habe eines eurer Lieder angehört und aus Versehen den Text verstanden. Ich bin fassungslos und kann nicht glauben, dass es sogar Menschen gibt, die diese Lyrics mitgrölen. Nach Blackfacing und Trans-Bashing muss hier wohl das nächste Fass aufgemacht werden: Nein, kein Bierfass, das Sexismus-Fass.

Er findet ein „schlafendes Mädel”. Und singt dann: „Ich machte mich über die Schlafende her“

„Einst ging ich am Strande der Donau entlang“, fängt Mickie Krauses millionenfach geklickter Party-Hit an. Wer jetzt gleich mit „oh oh oh olalala“ einstimmt, soll den Eiseshauch meiner Verachtung im Nacken spüren. Was sich zunächst wie ein beschaulicher Spaziergangssong anhört, geht nämlich gleich mit einer Vergewaltigungsszene in medias res, als der Protagonist ein schlafendes „Mädel“ findet: „Ich machte mich über die Schlafende her“.

Die berühmten alten weißen Männer und andere Ewiggestrige mögen mich jetzt für eine „geifernde Feministin” und spaßbefreite Kuh halten. Aber, sorry, dieser Text lässt keinerlei Interpretationsspielraum übrig und ist einfach nicht witzig. Um dem Ganzen dann noch das schäbige i-Tüpfelchen aufzusetzen, verabschiedet sich der Vergewaltiger mit einem „hier hast du ’nen Heller, der Fick der war gut“.

Meiner Filterbubble sei dank: Etwas derart Frauenverachtendes habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört. Dass sich der Sänger in verschiedenen Medien damit zitieren lässt, seine Partylieder seien zwar „doppeldeutig“, aber „immer ganz knapp oberhalb der Gürtellinie“, ist der blanke Hohn.* Vaginas liegen unterhalb der Gürtellinie und vaginaler kann man in einem Liedtext kaum werden. Vulgärer auch nicht. Mag sein, dass der Ballermann-Barde dieses Lied nur gecovert hat. Mag sein, dass er seine Texte ohnehin nicht selbst schreibt. Aber, Entschuldigung, er SINGT sie nunmal selbst und verdient damit seinen Lebensunterhalt.

Und ihr? Grölt sie mit. Denkt mal drüber nach.

Text: Insa von Zeppelin

Keine Angst, wir beschäftigen uns auch mit guter Musik. Dieser hier, zum Beispiel: 

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