ALLES Berlin: Nachhaltige Mode fürs Partyvolk

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Die aktuelle Kollektion von ALLES Berlin wurde natürlich in der Hauptstadt fotografiert. Credit: Agatha Powa (@agathapowa)
Weil Sheila Ilz van Hofen von massenproduzierter Mode gelangweilt war, fing sie an, sich selbst Outfits für Partyabende zu nähen – und gründete ihr Label ALLES Berlin. Mittlerweile kann jeder in ihren Looks feiern gehen, der auf in Berlin hergestellte Mode steht, die von Kunterbunt über Metallic bis zu außergewöhnlichen Materialien reicht. Wir haben die Designerin zum Interview getroffen. 

Wie kam Dir die Idee für dein Label ALLES Berlin?

Sheila: Nach dem Abi bin ich an die Esmod in Berlin gegangen, das war auf jeden fall eine arbeitsintensive Zeit. Danach habe ich mich eine ganze Weile lang einfach treiben lassen, bin viel auf Parties gegangen. Dabei ist auch die Idee entstanden, ein Label anzufangen: Ich habe mir für jedes Wochenende einen anderen Partyfummel genäht, immer mehr Leute haben mich gefragt, wo es die Sachen gibt und wollten mir Teile abkaufen. Da dachte ich mir, ich sollte versuchen, etwas daraus zu machen. Jedoch mache ich das Label bisher nur nebenbei, eigentlich studiere ich Modemanagement.

Statt auf große Menge zu produzieren und später zu reduzieren oder gar Kleidung wegzuwerfen, sind meine Stücke stets streng limitiert.

Wie hat sich dein Label in den vergangenen Jahren entwickelt? 

Nachdem ich das Label bisher neben meinem Studium aufgebaut habe, kann ich mich seit dem Abschluss vor einem Jahr vollständig auf das Label konzentrieren. Über die Zeit ist ALLES organisch gewachsen, was es mir ermöglicht, langsam davon leben zu können – ein Teil meines Traums ist damit schon mal erfüllt! Allerdings arbeite ich immer noch von meinem Küchentisch aus, neben dem sich Stoffrollen, Prototypen und Schnittmuster stapeln. Es ist toll, immer mehr Menschen auf Parties, Festivals, aber auch auf der Straße in meinen Stücken zu sehen und dass Menschen immer mehr Interesse an Indie-Brands entwickeln und darauf aus sind, etwas Besonderes abseits des Massenmarkts zu finden.

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Was sollten wir über deine neue Kollektion wissen?

Sämtliche Teile der Kollektion werden in Berlin-Neukölln produziert. Mir ist es wichtig, einen engen Kontakt zu meinen Näherinnen zu pflegen, um flexibel auf Veränderungen reagieren zu können. Außerdem möchte ich Transparenz und eine gute Bezahlung garantieren, um meinen Teil dazu beizutragen, etwas in der Modeindustrie zu verändern und diese fairer für alle zu gestalten. Statt auf große Menge zu produzieren und später zu reduzieren oder gar Kleidung wegzuwerfen, sind meine Stücke stets streng limitiert. Lieber produziere ich auf eine große Anfrage hin nach. Dann müssen die Menschen zwar auf ihre Traumteile warten, aber vielleicht wird ihnen somit auch ein Stück mehr bewusst, was für ein Aufwand eigentlich hinter der Herstellung von Kleidung steckt. Außerdem versuche ich stets, mich weiterzuentwickeln und nicht stehenzubleiben. Inzwischen haben sich zahlreiche Highstreet-Brands dem Festival- und Glitzertrend angenommen und springen auf diesen Zug auf. Neue Brands sprießen wie Pilze aus dem Boden und Instagram ist voll mit den immer gleich geschnittenen Glitzerfetzen. Daher versuche ich mit der neuen ALLES Kollektion, Techno und Streetwear zu vereinen und Stücke zu entwickeln, die etwas tragbarer und alltagstauglicher als in den vorhergegangenen Kollektionen und dennoch besonders sind.Diese Entwicklung wollten wir auch in unserem neuen Shoot darstellen. Zusammen mit der Street-Fotografin Agatha Powa haben wir die Kollektion vor dem Hintergrund des bunten Treibens beim Karneval der Kulturen abgelichtet, wo Mode mit dem Alltäglichen zusammengeführt wird. Menschen mit vielfältigen Hintergründen kommen dort zusammen, unabhängig vom Alter, dem Geschlecht oder ihrer Herkunft, um kulturelle Vielfalt, Freiheit, und das Leben an sich zu zelebrieren.

Gibt es ein Keypiece?

Meine Herangehensweise an eine neue Kollektion ist nicht so sehr, ein Keypiece zu erstellen und die restliche Kollektion darum herumzubauen. Für mich sind alle Pieces gleichwertig und ergänzen einander.

Mittlerweile schreiben sich immer mehr Labels das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahne – oftmals geht es dabei aber mehr um PR als tatsächlich darum, nachhaltige Prozesse zu entwickeln. Wie siehst du diese Entwicklung?

Natürlich herrscht in der Modebranche in Bezug auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit noch ein großer Nachholbedarf. Grundsätzlich finde ich es aber gut, dass das Thema immer mehr in den Fokus gerückt wird. Und selbst wenn sich dem Thema Nachhaltigkeit von Labels zunächst nur zu PR-Zwecken angenommen wird – wenn dadurch etwas in Gang gesetzt und verändert wird, ist es auf jeden Fall schon einmal ein Anfang!

Was hat es mit dem Namen deines Labels auf sich?

Der kam mir, ganz klischeehaft, einfach während des Nähens in den Sinn. Ich hatte schon lange hin und her überlegt, aber viele Ideen wieder verworfen. Plötzlich war es einfach da. Ich bin aufgesprungen und habe angefangen, erste Skizzen für die Schrift und das Logo zu machen. Das „Berlin“ kam dazu, weil es mir wichtig war, zu betonen, dass das Label eben based in Berlin ist; die Ideen aber auch die Kleidungsstücke dort entstehen, und nicht anonym in Fernost gefertigt werden.

Besonders wichtig sind mir tolle und hochwertige Materialien. Ich bin einfach ein Materialfreak!

Welches Kleidungstück hast Du als allererstes genäht?

Ich war ungefähr sechs Jahre alt, als ich meiner Oma zu Weihnachten ein edles Abendkleid mit ganz vielen Federn machen wollte. Da ich aber natürlich noch nicht nähen konnte, habe ich es zusammen getackert und mit Tesa geklebt – meine arme Oma musste so tun, als ob es das schönste war, das sie jemals geschenkt bekommen hat!

Worum geht es Dir in Deiner Mode? Was ist dir besonders wichtig?

Besonders wichtig sind mir tolle und hochwertige Materialien. Ich bin einfach ein Materialfreak! Wenn etwas glitzert oder glänzt, oder einen tollen Fall hat, muss ich es einfach für ALLES Berlin einsetzen. Außerdem ist es mir wichtig, dass der Träger genug Bewegungsfreiheit hat und die Stücke immer auch bequem sind und gut sitzen!

Ich produziere außerdem alles in Deutschland, größtenteils selbst und mit der Hilfe von zwei Näherinnen in Berlin und München. Das ist mir wichtig, dass die Sachen nicht in Fernost unter schlechten Bedingungen und in Massen produziert werden.

Alles Berlin Mode Badeanzug Swimsuit Karneval der Kulturen
Die aktuelle Kollektion von ALLES Berlin. Credit: Agatha Powa (@agathapowa)

Wie läuft Dein Arbeitsprozess ab – von der Idee bis zum fertigen Kleidungsstück?

Mein „Arbeitsprozess“ ist eigentlich ziemlich intuitiv und frei. Es gibt Tage, an denen ich eine Idee habe und mich direkt hinsetze und anfange, neue Teile zu entwickeln… Dann passiert auch mal wieder 2 Monate nichts, weil die Zeit nicht da ist und das Studium Vorrang hat. Aber im Allgemeinen kann man sagen, dass ich zuallererst die Stoffe beziehe. Dann hab ich meistens schon im Kopf, was ich daraus machen will, erstelle einen Schnitt und fertige dann einen Vorläufer aus einem vergleichbaren Material. Wenn mir der gefällt, geht es an den Originalstoff.

Deine Klamotten sind mal sehr bunt, dann wieder glitzernd, aber immer auffällig. Was fasziniert Dich so am Extremen?

Ich empfinde die Sachen gar nicht als extrem. Klar, es ist kein geradliniger Minimalismus, aber gerade zum Ausgehen und für meine Lebenswelt genau richtig!

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