Mut statt Stillstand – Lea van Acken über Hoffnung in der Klimakrise

Jacke: Ozbek Archive

Lea van Acken kennt Krisen aus ihren Filmrollen – doch die Klimakrise ist für sie Realität. Im Gespräch erzählt sie, wie Angst und Mut sie antreiben und warum wir nur gemeinsam die Herausforderungen der Klimakrise bewältigen und eine bessere Zukunft schaffen können.

Lea van Acken ist mit dystopischen Szenarien vertraut – zumindest vor der Kamera. Für Blackout durchlebt sie die Folgen eines anhaltenden Stromausfalls, in der ZDF-Serie Sløborn schlägt sie sich während einer Pandemie auf einer Nordseeinsel durch, und als Siljia Tiedeman in Dark ist sie Teil einer Zeitverschwörung, in der Natur und Mensch in unheilvolle Kreisläufe geraten. Während solche Szenarien auf dem Bildschirm eher unwirklich erscheinen, bereitet sich das Unbehagen, das sie auslösen, zunehmend auch in unserer Realität aus. Dieses Unbehagen ist ein Symptom der Klimakrise, die unsere Realität immer stärker prägt.

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Am Tag unseres Gesprächs ist Lea bei Freunden auf einem Hof. Im Hintergrund des Kameraausschnitts rankt sich grünes Blattwerk um die Steinmauer einer Scheune – ein Sinnbild von Sommeridylle. Doch der Schein trügt: Zu dieser Zeit rollt eine Hitzewelle über Europa. Die Temperaturen erreichen die 35°-Marke, die Städte ersticken an ihrem eigenen heißen Dunst, auf dem Land flimmert die Luft am Horizont. Medien senden Warnungen und Schutzempfehlungen, während die Gesellschaft unter Anstrengung am Alltag festhält. Was an diesen Tagen als hochsommerliche Ausnahme erscheint, ist längst Teil der Realität einer sich verändernden Welt.

KH: Lea, wann bist du das letzte Mal auf einem Baum geklettert?

LA: Ich glaube, das letzte Mal war Ende März in England, auf einem Hof bei London. Ich bin selbst auf dem Land groß geworden. Diese Bindung zur Natur ist tief in mir – ich brauche das Draußensein und das Gefühl, die Hände in der Erde zu haben!

KH: Wie hast du die Natur als Kind wahrgenommen? Wie hat sich das im Laufe der Zeit verändert?

LA: Als Kind habe ich die Natur als selbstverständlich erlebt – grüne Wiesen, volle Seen. Erst als Teenager ist mir Klimawandel ein Begriff geworden, und ich habe mich mehr damit auseinandergesetzt. Dann ist meine Klimawandel-Sorge zu Klimakrise-Sorge geworden. Heute weiß ich die Natur anders zu schätzen, auch weil ich jetzt in der Stadt lebe.

Lea erinnert sich an Schlüsselmomente, in denen ihr die Klimakrise persönlich greifbar wurde: etwa als im eigenen Garten die Kirschernte ausblieb oder als Waldbrände während eines Urlaubs in Portugal bedrohlich nahe rückten. Solche Erlebnisse in unmittelbarer Nähe stellten für sie einen direkten Bezug zur Klimakrise her – und weckten den Impuls, aktiv zu werden. Sie spricht über das Gefühl, in eine Welt hineinzuwachsen, deren Probleme längst bekannt waren – aber oft verdrängt wurden. Und über die Frustration gegenüber politischen Versäumnissen der Vergangenheit sowie die Schwierigkeit, Menschen heute noch zu erreichen, ohne sie zu überfordern.

Hoffnung in der Klimakrise Lea van Acken
Links: Full Look: Esther Perbandt Rechts: Kleid: Bottega Veneta, Schuhe: Saint Laurent

KH: Was für Gefühle kommen bei dir auf, wenn du an die Zukunft denkst?

LA: Ich spüre Angst, weil wir die Folgen schon sehen und erleben. Gleichzeitig habe ich Hoffnung – sie hilft mir, das auszuhalten und aktiv zu bleiben. Ich glaube daran, dass die meisten Menschen Gutes wollen und dass der Wandel – bei Energie, Mobilität und Ernährung – nicht mehr zu stoppen ist. Veränderung gehört zum Leben dazu. Die Vergangenheit können wir nicht ändern, also müssen wir das Beste daraus machen.

KH: Wie erlebst du diese Hoffnung? Ist sie eine Reaktion auf die Angst?

LA: Zum Teil, ja. Die Hoffnung ist eine Reaktion auf die Frage „Wie halte ich das aus?“ – die lässt sich leicht beantworten mit „Es wird schon alles gut“. Ich beobachte bei mir, dass dieser Teil der Hoffnung aber auch irgendwie untätig ist. Der andere Teil der Hoffnung ist aktiver. Nur an das Gute zu glauben reicht eben nicht, es fällt ja nicht einfach vom Himmel. Mit 18 habe ich angefangen, mich vegan zu ernähren, kaum noch zu fliegen und dachte, dass individuelle Konsumentscheidungen alles verändern können.

Hoffnung in der Klimakrise Lea van Acken
Kleid: Charles Anastase Archive, Schuhe: Alexander McQueen

Doch irgendwann wurde mir klar, dass das nicht reicht – während ich mich zurücknehme, bohren andere weiter nach Öl und fliegen mit Privatjets. Dann kam die Pandemie, gefolgt von Existenzängsten und Kriegen – das hat mich erschöpft, ich wurde passiver. Aber egal, ob Pandemie oder Krieg: Die Klimakrise macht keinen Halt und ist unsere Lebensrealität.

KH: Was für Wege hast du gefunden, dich mit dieser Realität zu beschäftigen?

LA: Ich konsumiere Nachrichten sehr gezielt. Wenn es mir nicht gut tut, schalte ich ab. Manchmal verfalle ich in eine Gedankenspirale voller Katastrophenbilder: Wird es hier 2050 so heiß wie in Abu Dhabi? Wohin sollte ich auswandern? Wen nehme ich mit? Deshalb versuche ich, einen Mittelweg zu finden und auch positive Nachrichten wahrzunehmen – zum Beispiel welche Renaturierungsprojekte oder aktivistische Bemühungen erfolgreich waren. Für mich ist auch der Zusammenhalt ein großes Thema. Wir haben uns so sehr auf unseren individuellen Einfluss konzentriert und uns damit isoliert. Im Alleingang schaffen wir das nicht. Wenn wir uns verbinden, gegenseitig helfen, entsteht viel mehr Kraft – das fühlt sich für mich auch wie eine kleine Rebellion an. Wenn ich mich mit anderen verbinde, andere unterstütze und auch für jüngere Generationen da bin, erfüllt mich das. Man konsumiert direkt weniger, materielle Dinge werden unwichtiger, weil man spürt: Im Zweifel braucht man das alles nicht. Und: Worum geht es dann wirklich? Mein Motto für dieses Jahr lautet: Ich muss das nicht alleine schaffen. Das gibt mir Zuversicht.

 

Lea spricht in diesem Zusammenhang auch über alternative Lebensmodelle, über Selbstversorgung, Gemeinschaftsprojekte und neue Formen des Miteinanders. Sie beobachtet, dass sich zunehmend Menschen vernetzen, um ökologischer und gemeinschaftlicher zu leben – eine Bewegung, die sie inspiriert. Für sie zeigt sich darin eine Rückbesinnung auf Werte wie Solidarität, Verantwortung und gegenseitige Unterstützung – als Kontrast zur Vereinzelung, die viele im modernen Alltag erleben.

KH: In Serien wie Blackout, Dark und Sløborn spielst du Rollen, die sich in krisenhaften Welten bewegen. Wie beeinflusst dich das außerhalb des Filmsets?

LA: Als Schauspielerin setze ich mich emotional und körperlich stark mit den Themen auseinander – das geht nicht spurlos am Nervensystem vorbei. Wenn ich oft Szenen voller Angst oder Drama spiele, gewöhnt sich das Gehirn daran. Diese Muster springen dann auch privat an, zum Beispiel im Flugzeug. Paradox ist aber auch: Beim Drehen gewinnt man wieder Abstand, weil es fiktional ist. Bei Sløborn war das allerdings anders – wir haben 2019 gedreht, dann kam die Pandemie. Das war unheimlich.

KH: „Die Angst muss dem Mut weichen“ – so hast du mal an die deutsche Filmbranche appelliert. Wie gelingt dir das in Bezug auf die Klimakrise?

LA: Indem ich mich frage: „Was ist die andere Option?“ Wenn ich mich für die Angst entscheide, kann ich aufgeben. Mut ist der bessere Weg, weil er überhaupt erst Veränderung ermöglicht. Ich bin ein sensibler Mensch und manchmal auch ängstlich, also musste ich früh lernen, damit umzugehen. Heute nehme ich die Angst an, ohne mich lähmen zu lassen. Manchmal muss man einfach über den Schatten springen, um ins Handeln zu kommen.

Hoffnung in der Klimakrise Lea van Acken
Outfit: Vintage

KH: Wie würdest du dir wünschen, dass diese Themen in den Medien dargestellt werden?

LA: Ich wünsche mir, dass das Thema fest und regelmäßig in den Medien verankert wird – zum Beispiel in der Tagesschau. Nicht nur sporadisch, sondern als selbstverständlicher Teil der Nachrichten, der unsere Realität widerspiegelt. Dabei sollten Angst und Negativität nicht dominieren, sondern auch positive Entwicklungen und konkrete Lösungsansätze gezeigt werden, um zu motivieren. So wird Aufklärung selbstverständlich, und die Diskussion muss nicht ständig neu erkämpft werden.

KH: Von was für einem Morgen träumst du?

LA: Ich wünsche mir eine Welt, die ökologischer, sozialer und menschlicher ist – in der wir uns wieder stärker verbinden und unterstützen. Eine Welt, in der es mehr Kreisläufe gibt – ökologisch, ökonomisch und sozial –, in der man zurückgibt, was man nimmt, und in der alles etwas ausgeglichener wird. Ich wünsche mir, dass wir aus diesem Zerstörten, Fragmentierten wieder ins Miteinander kommen – dass wir uns etwas Rundes aufbauen, so wie die Welt auch rund ist.

Lea van Acken zeigt uns: Zwischen Angst und Mut liegt die Kraft zur Veränderung. Mit Hoffnung, Zusammenhalt und klaren Entscheidungen können wir die Herausforderungen der Klimakrise angehen – und vielleicht wirklich an ein Morgen glauben.

Creative Direction & Photographer: Frederick Herrmann
@frederick_herrmann
www.frederick-herrmann.com
Talent: Lea van Acken
@lea_van_acken
Interview: Karenita Haalck
@annakarenita
www.karenitahaalck.com
Styling: Soo-Hi Song
@soohisong
www.soohisong.com
Styling Assistent: Timur Dzhergeniya
Set Design: Sarah Schurian
@sarahschurian
www.schuriansarah.com
Hair & Make-Up: Marvin Glißmann
@marvin_glissmann
Light & Digital Operator: Kwame Boama
@kwame_boama
Videographer: Rohov Kostiantyn
@rohov.kost
Production Assistant: Ben Korte
@ben_korte
Location: MoMa5 (powered by ArtHouseRising)
www.arthouserising.com

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