Mit einer Balance aus Selbstironie und verletzlichen Lyrics beschreitet Phoebe Green den Weg zum aufstrebenden Synthpop-Star aus Nordengland. Hier erzählt sie, warum sie ihre Oma gerne bei Google finden würde und worauf sie bei emotionaler Überforderung zurückgreift.
Phoebe Green könnte sich glücklich schätzen. Zumindest vermittelt das der Titel ihres Debütalbums „Lucky Me”, das Ende dieser Woche erscheint. Der Schein aber trügt: Mit dem Titel und ihren Songs beleuchtet die Musikerin die Gleichzeitigkeit ihres privilegierten Aufwachsens und der harten Realität ihrer mentalen Gesundheit. Ihre Sounds illustriert Phoebe mit Cut-Out-Collagen und Musikvideos irgendwo zwischen Frankenstein-Vibe und Alice im Wunderland. In Sachen persönlicher Entwicklung hat they aber schon einen langen Weg der Reflexion hinter sich, den Phoebe in selbstironischen Tweets, aber auch in Songzeilen ausdrückt. „Ich bin stolz auf meine Self-Awareness, weil ich meine Fehler identifizieren kann und versuche, sie zu korrigieren”, sagt Phoebe, „in der Vergangenheit habe ich gerne Scheuklappen aufgesetzt und die toxischen Seiten einer Dynamik nicht gesehen, aber jetzt bin ich mir so bewusst, dass ich mir selbst nichts vormachen kann.” Was sie sonst noch über sich gelernt hat, verrät die Sängerin im BLONDE-Fragebogen.
In unseren Print-Heften präsentieren wir euch in der Kategorie „Who’s That…” immer wieder spannende Personen aus Musik, Kunst, Fotografie & Co – kurz: Charaktere, die ihr euch merken solltet. Ihr könnt sie aber auch online entdecken – heute zum Beispiel Musikerin Phoebe Green aus Manchester. Phoebe verwendet im Englischen die Pronomen „she/her” und „they/them”. Da es für letztere noch verschiedene deutschsprachige Äquivalente gibt, übernehmen wir das englische Pronomen „they“ und verwenden es abwechselnd mit „sie/ihr”.
Spoken-Word-Poesie trifft emotionale Farben: Phoebe Green im BLONDE-Steckbrief
1. Wenn man @ph0ebegreen auf Instagram folgt, sieht man:
…Posts mit Bilder-Collagen und Gothic-Schriften, selbstironische Captions und vieeeeeel Orange. Über ihre meistgenutzte Farbe sagt Phoebe: „Ich denke, dass Orange sehr tiefgründig und emotional ist, aber auch lebendig und optimistisch.”
2. Das macht einen guten Pop-Song für them aus…
…„[So ein Song] ist etwas, das viele Menschen erreicht, ohne ein generisches Thema zu verfolgen. Etwas, das über ein sehr spezifisches Gefühl oder Moment geschrieben werden kann, aber trotzdem starke Emotionen in einer Person auslöst, die solch eine Situation selbst noch nie erlebt hat.”
3. So läuft es ab, wenn Phoebe einen weiteren ihrer „herzzerreißenden” Tracks schreibt:
…„Das passiert häufig, wenn ich versucht habe, etwas für eine lange Zeit zu unterdrücken. Mit den Gefühlen, die das in mir auslöst, kann ich nur schwierig umgehen. Aber irgendwann läuft das Fass über und die Gefühle nehmen mich ein, also muss ich sie in irgendeiner Weise rauslassen. Ich schreibe alles in meiner Notizen-App nieder und verfeinere es dann. Normalerweise fühle ich mich danach erleichtert, aber mache mir einen Kopf darüber, wie andere solche verletzlichen Lyrics interpretieren.”
Foto: Chelsea Mulcahy/PR
4. Darum war Manchester der richtige Ort für Phoebes nächste Karriere-Schritte…
…„Ich wollte immer nahe genug bei meiner Familie sein, die nur eine Stunde von Manchester entfernt wohnt. Ich vermisse das Meer sehr, und wegen meiner ziemlich unzuverlässigen mentalen Gesundheit ist es gut für mich, dass ich zu meinen Eltern gehen kann, wenn ich mich überfordert fühle. Meine Herkunft aus dem Norden [Englands] ist ein so großer Teil meiner Persönlichkeit, dass ich mich in Manchester mehr zu Hause fühle. [Die Stadt] ist für mich zu einem so sentimentalen Ort geworden, was Erinnerungen und Beziehungen angeht. Ich liebe London und könnte mir vorstellen, dorthin zu ziehen, aber wenn mein Lebensstil unvorhersehbar ist, fühle ich mich in einer vertrauten Umgebung wohler.”
5. Eine Twitter-Umfrage hat ergeben, dass „Just A Game“ der Fan-Favorit unter Phoebes aktuellen Singles ist. Das ist für sie selbst der einprägsamste Track vom Debüt-Album:
…„Ich kann mir ,Clean‘, ,DieDieDie‘ oder ,I Wish You Never Saw Me Cry‘ immer noch nicht anhören, ohne zu heulen! Was die Singles angeht, ist mein Favorit ,Lucky Me‘, aber auf dem Album insgesamt ist ,Won’t Sit Still‘ meiner Meinung nach definitiv einer meiner textlich stärksten Songs.”
6. Darum verwendet Phoebe gerne gesprochene Worte in their Songs…
…„Es fühlt sich wie eine Darstellung meines inneren Monologs an. Ich verwende gerne gesprochene Teile, um sicherzustellen, dass der Song den gesamten Kontext umfasst, den ich darstellen möchte. Manchmal ist es schwierig, eine Melodie unterzubringen, wenn ich meine Sätze nicht kurz und bündig gestalten möchte. Ich neige dazu, mehr darauf zu achten, was Menschen sagen, wenn ihre Worte gesprochen und nicht gesungen werden. Dann gibt es wenig, was von den Worten ablenkt.”
7. Neben der Musik nutzt Phoebe diese Ventile, wenn sie die Emotionen überwältigen…
…„Weinen! Das habe ich mir erst im letzten Jahr oder so erlaubt, ohne Scham. Tagebuch schreiben, tanzen, spazieren gehen – ich liebe es, mich körperlich zu entspannen, denn ich spüre Emotionen sehr stark in meinem Körper.”
8. Wenn Menschen „Phoebe Green” googeln, sollte diese Person als nächster Vorschlag erscheinen:
…Ihre Oma: „Immer, wenn ich etwas von ihr poste, bekommt es viel mehr Engagement als alles, was eigentlich mit mir zu tun hat! Sie verdient das Rampenlicht, sie ist einfach eine Ikone.”
Foto: PR
9. Dieses Kunstwerk gibt Phoebe ein Gefühl für sich selbst…
… der Song „Thérèse” von Maya Hawke: „Als ich [das Lied] zuletzt hörte, fühlte ich mich sehr mit mir selbst und meinem Körper verbunden. Ich habe ein großes Trauma in Bezug auf meinen Körper und etwas zu hören, das (für mich) Weiblichkeit als etwas darstellt, was nicht von Natur aus sexuell ist, sondern sexuell sein kann und nicht nur durch den männlichen Blick bestimmt wird, hat mir wirklich Frieden gebracht.”
10. Wenn Phoebe den Beruf wechseln würde, würden wir them hier antreffen…
…Als Kindermode-Designerin! „Daran habe ich erst jetzt gerade gedacht. Die Idee, genderneutrale, bunte Kleidung für Kinder zu entwerfen, gefällt mir sehr. Das wäre so lustig und süß.”
11. Das sind für them die drei besten Phoebes in der Popkultur:
…„Haha, Phoebe Waller-Bridge, Phoebe Bridgers und….es tut mir leid, aber ich kenne keine anderen Phoebes, also muss ich sagen: ich selbst.”
Auch diese Künstlerinnen stellen wir euch vor:
Who’s That Girl? 9 Fakten über Performancekünstlerin Marawa
Im Freiraum – Maggie Rogers ist BLONDEs neuer Digital Cover Star
Wie die Sängerin November Ultra bittersüße Realitätsflucht in Songs verpackt