Der Aufschrei war groß, als Agyness Deyn vor drei Jahren bekannt gab, dass sie das Modeln für die Schauspielerei an den Nagel hängen möchte.
Allerdings beruhigten sich alle wieder, als sie erfuhren, dass das Ex-Supermodel nicht „nur“ in Kinofilmen wie „Electricity“ (2004) gefeierte Performances ablegt, sondern mit Title A zusätzlich der Modewelt erhalten bleibt: Agyness Deyn hat ein Modelabel gegründet und teilt seit einem Jahr ihren Style mit uns. Jedoch nicht wie gewohnt als platinblonder Punk, sondern mit längeren braunen Haaren im Charlotte-Look. Ist sie über Nacht Mädchen-Mädchen geworden? Wo hat sich der Tomboy in ihr versteckt? Und wie ist es, plötzlich Kreateur und nicht mehr Anziehpuppe zu sein? Wir haben nachgefragt.
Du bist mit der Schauspielerei recht erfolgreich. Warum hast du dich entschieden, zusätzlich ein Label zu gründen?
Tracy Moore und ich haben schon für die Agyness Deyn X Dr. Martens Kollektionen zusammengearbeitet. Wir fingen an, über die perfekte Garderobe zu fantasieren, darüber, eine Kollektion zu kreieren, in der du immer das findest, was du suchst. Ich konnte nicht widerstehen, den Plan zu verwirklichen. Wir haben dann noch meine Schwester Emily mit ins Boot geholt und Title A war geboren.
Du warst die Cara Delevingne der letzten Model-Generation. Kein Editor, kein Fotograf, kein Designer wollte ohne dich auskommen. Vermisst du die Zeit als Postergirl manchmal?
Ich bin jetzt Schauspielerin und habe mein eigenes Label gegründet. Das erfüllt mich. Und es ist ja nicht so, dass das Modeln aus der Welt wäre. Manchmal habe ich noch Lust darauf. Gerade habe ich eine Strecke mit Katie Grand und Tim Walker für das „Love Magazine“ gemacht und hatte jede Menge Spaß dabei.
Mit Title A blickst du auf die andere Seite: Du bist nicht mehr Anziehpuppe, sondern ziehst die Puppen an. Gefällt dir die neue Aufgabe?
Ein eigenes Label ist harte Arbeit, aber wir werden belohnt, wenn wir Leute sehen, die unsere Klamotten tragen und sie gut finden. Das ist total aufregend.
Du arbeitest zusammen mit Tracy an den Ideen und Entwürfen für Title A. Was habt ihr euch bei der Entwicklung der Spring/Summer-2015-Kollektion gedacht?
SS15 wurde um einen fiktiven Charakter gebildet. Ein belesenes Mauerblümchen geht das erste Mal allein reisen. Sie besucht Portugal und es gefällt ihr überraschend gut außerhalb ihrer gewohnten Großstadt-Umgebung. Wir haben uns von der Geschichte etwas mitreißen lassen, aber es hat viel Spaß gemacht. Wir freuen uns darauf, zu wachsen und eine größere Kollektion anbieten zu können. Diese Kollektion war sehr klein.
Produziert ihr nachhaltig?
Noch nicht, aber es ist in unserem Business-Plan verankert und soll schnellstmöglich realisiert werden. In einer idealen Welt wäre es nicht so schwer für ein kleines Unternehmen, komplett nachhaltig zu produzieren. Ethisch korrekt arbeiten wir natürlich schon. Wir lassen die Kollektionen in Fabriken mit fairen Arbeitsbedingungen herstellen. Dass die Menschenrechte in der Modeindustrie eingehalten werden, ist uns sehr wichtig
Welches Teil der Kollektion gefällt dir am besten?
Oh, das ist schwierig. Ich liebe den weißen Anzug, weil ich mich wie Mick Jagger fühle, wenn ich ihn trage. Und das rote Kleid für Tage, an denen ich mich femininer fühle. Ich liebe es, dass beide Outfits so einfach zu tragen sind. Komplizierte Kleidung nervt mich. Jeden anderen bestimmt auch.
Welcher Song beschreibt euer Label am besten?
Title A ist noch so jung. Ich kann das Label noch keinen Songs zuordnen. Aber das Getz/Gilberto-Album von 1964 beschreibt unsere SS15-Kollektion ganz gut. Das Album könnte eigentlich unser Soundtrack für die nächsten paar Spring/Summer Seasons sein.
Bei welcher Ikone würdest du dich so richtig freuen, wenn sie eure Kreationen tragen würde?
Darauf gibt es eigentlich keine ausreichende Antwort, weil ich so viele Frauen toll finde: Donna Tartt, Amelia Earhart, Patti Smith, Ray Eames, Tavi Gevinson…
Eure Kollektionsteile sind oft von der Männermode inspiriert. Würdest du den Tomboy-Look als euer Markenzeichen bezeichnen?
Wir zeigen jede Saison die gleiche Frau, allerdings mit einem anderen Gefühl. Sie adaptiert und verändert sich, ist sich aber immer ihres Stils bewusst. Ich denke, wir werden immer Anzüge machen, mal mehr, mal weniger. Aber der Tomboy wird immer da sein.
Hier findet ihr Title A