5 Serien über Familien, die nichts mit Verwandtschaft zu tun haben

Foto: Aline Viana Prado
Von Klassiker bis Underdog: Blutsverwandte Beziehungen stehen in diesen Serien nicht immer im Mittelpunkt. Ab damit auf die Watchlist!

Auch ein Tag wie der Muttertag könnte mittlerweile auf dem Prüfstand stehen. Soll man ihn boykottieren, weil kapitalistisches Marketing-Tool, dass die Leistungen von Müttern an allen anderen 364 Tagen im Jahr ignoriert, nur um sie an einem Tag für den Verkauf von Blumensträußen und Sekt auszubeuten? Soll man ihn ersetzen durch Statements à la „every day is mother’s day“ oder vielmehr durch konkrete politische Forderungen? Beibehalten und gleichzeitig Kritik üben? Und was ist mit denen, die keinen Kontakt mehr zur Mutter haben, deren Mutterfigur verstorben ist, oder deren Verhältnisse schwierig sind? Wer und was prägt überhaupt den Begriff „Mutter”?

Serien über Familien: Was ist Muttertag für wen?

Vermutlich ist maximal die letzte dieser Fragen eine, die sich einigermaßen kurz beantworten ließe. Aber Moment mal: Natürlich bleiben die Kämpfe und Realitäten der letzten Jahre, besonders der letzten anderthalb Jahre, für Mütter ein Thema, zu dem es noch maximal viel Arbeit zu leisten gilt. Das veranschaulichen Bucherfolge wie der von Mareice Kaisers „Das Unwohlsein der modernen Mutter”. Aber: Über diese Kämpfe von Mutterschaft hinaus bleibt Interpretationsspielraum für den Begriff „Muttertag”. Welche Relevanz hat er für wen? In einem aktuellen Opinion-Piece der New York Times schreibt die Autorin Margaret Renkl über ihren Vater, der jedem Muttertag seiner verstorbenen Mutter nachtrauert. Für sie sind der maximale Trigger und sein Leid genug Grund, den Tag ganz abschaffen zu wollen. Man könnte ihn aber auch anders definieren.

Geschichten nicht-klassischer Beziehungen können trotzdem über Familie erzählen

Während wir an dieser Stelle vor 2 Jahren Filme empfohlen haben, die weitestgehend „klassische” Mutter-Kind-Beziehungen darstellen, stehen hier Serien über Familien im Vordergrund, die die traditionelle Bindung hintenanstellen. Zum Beispiel jene, in denen die Mutterfigur keine biologisch verwandte Person ist. Besonders für queere Menschen und Mitglieder der LGBTQIA+ Community gilt in diesen Beziehungen seit langem der Begriff der „chosen Family”. Manchmal, so zeigen die folgenden Serien, wird die „Choice“ derselben gar nicht mal so bewusst gefällt. Und natürlich sind diese Bande nicht immer ein passender Ersatz für die komplexe Beziehung einer Mutterschaft. Von der Annahme aber, dass uns Gefühle wie Verantwortung, Fürsorge, Schutz, Zuflucht und mehr nicht nur durch elterliche Personen gegeben werden können, profitieren am Ende auch Mütter selbst. Einen Einblick geben diese Serien über Familien, die keine klassischen sind.

Druck, YouTube/funk

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Passend zur Einleitung zeichnet sich diese einzigartige Serie unter anderem dadurch aus, dass Eltern weitestgehend abwesend sind, selbst dann, wenn sie in der Handlung eine Funktion haben. Und genau darin liegt der familiäre Gedanke hinter „Druck”: Statt auf Handlungssträngen zu elterlichen Beziehungen zu hängen, stellt die Serie die jungen Protagonist*innen kompromisslos in den Vordergrund. In Staffel 3 wohnt die Figur David mit seiner Schwester allein, Eltern Fehlanzeige. Wenn es, wie in Staffel 5, auch um den Alkoholismus einer Mutterfigur geht, bleibt die Beziehung von Tochter Nora, ihren Schwestern und Freund*innen im Fokus. In Staffel 4 erfährt Amira große Unterstützung durch ihre Mutter – die Hauptentwicklung macht ihre Figur aber mit Gleichaltrigen. In jeder Staffel geht es um die Unterstützung durch das freundschaftliche Umfeld der wechselnden Hauptrollen, Freund*innen sind bei „Druck” Familie. Die auf der norwegischen Vorlage „Skam” basierende Serie wird damit ihren Ruf gerecht, die realistischste Jugenddarstellung seit langem zu sein.

Stadtgeschichten, 2019

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Man kann vom Original der 90er- und 00er-Jahre und der 2019er-Fortsetzung halten, was man will. Vermutlich soll „Stadtgeschichten” aber die analogste Interpretation einer queeren „chosen” Family sein. Soll heißen: Viele verschiedene Menschen mit LGBTQIA+ Identitäten leben wortwörtlich unter einem Dach. Im Remake stellt noch einmal Schauspielerin Olympia Dukakis die mittlerweile fast 90-jährige trans* Frau Anna Madrigal dar, der das physische Dach gehört (mehr zur Besetzung lest ihr hier). Unter ihren „mütterlichen” Verbindung vereinen sich vor allem junge Figuren, gespielt von unter anderem Elliott Page. Schwule Rollen in Beziehungen mit Altersunterschied, trans* Charaktere kurz nach der Transition, lesbische Storylines und Senior Queers – „Stadtgeschichten” versucht, viele Formen von Beziehungen abzudecken. Die Vorstellung der selbst auserwählten Familie driftet dabei an einigen Stellen in den Kitsch und hat inhaltliche Luft nach oben. Trotzdem zeigt sie den Grundgedanken von einer Community, die aus sich selbst schöpft. Und auch, wenn die Figur von Anna Madrigal eine Art Mutterfigur für die Gemeinschaft bleibt, sind es die Verbindungen ihrer „Kinder”, die das Netz aufrecht erhalten. Verfügbar auf Netflix

Pose, 2018

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Ja, gut, das hier ist die „obvious choice”. Vielleicht finden sich unter euch ja aber doch einige, die sich „Pose” auf ein Neues widmen wollen. Vielleicht habt ihr die revolutionäre Ballroom-Serie aber auch immer noch nicht gesehen? Wenn ja, zuerst einmal bad news: Die aktuell in den USA gestartete Staffel ist leider bereits die letzte. Das lässt sich Fan-Community traurig zurück, ist doch „Pose” eine rare Darstellung von wahrer Familie, die nichts mit Blutsverwandtschaft zu tun hat. Vielmehr wird die Serie dem Konzept von „Houses” innerhalb der (US-)Ballroom-Community getreu. Für diese Zusammenschlüsse oft queerer Menschen gibt es bekanntlich auch „Mothers” und „Fathers”, je nach Haus und Ort mit unterschiedlichen Verantwortungen und Funktionen. „Pose” zeigt mit der Figur von Blanca aber auch die Darstellung von platonischer Mutterschaft, die viel mit traditionellen Mutterrollen gemein hat. Wie gut zu hören, dass ihre Figur in Staffel 3 das (Liebes-) Glück erwarte soll, das sie verdient. Aber auch darüber hinaus ist diese Serie wohl eine der besten Darstellungen von chosen Family, die sich gerade finden lässt. Verfügbar auf Netflix

Crashing, 2016

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Wenn „Pose” die offensichtliche Wahl ist, ist „Crashing” wohl ein*e unerwartete Gäst*in auf dieser Watchlist. Die Serie aus dem Repertoire der gefeierten Phoebe Waller-Bridge verblasst gerne mal im Schatten ihrer folgenden Hits wie „Fleabag” oder „Killing Eve“. Mindestens genauso unterhaltsam sind bisher gerade mal sechs existierenden Folgen allemal. Waller-Bridge spielt hier selbst eine der Hauptrollen, die alle gleichberechtigt Screentime erfahren. Zusammen leben sie als „Property Guardians” in einem leerstehenden Krankenhaus mitten in London. Das Modell von Property Guardians sieht vor, dass sich die Bewohner eines Objekts als eine Art Aufseher*innen um dessen Instandhaltung kümmern. Kost und Logis bekommen sie im Gegenzug für lau. Wenig überraschend hat das zur Folge, dass sich hier in einer Millionenmetropole wie London die verschiedensten Charaktere unfreiwillig vereinen. Heraus kommt trotzdem Comedy-Gold à la Waller-Bridge und eine Gemeinschaft, die füreinander sorgt, sich gegenseitig antreibt, zusammenhält – und auf mehr Staffeln hoffen lässt.

Girlfriends, 2000

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Tracee Ellis Ross als inoffizielle Mutterfigur einer Freundinnengruppe von drei Schwarzen Frauen in ihren späten 20ern? Falls ihr euch nicht an die erfolgreiche US-Sitcom „Girlfriends” erinnert, könnte das daran liegen, dass sie im deutschen Fernsehen gerade mal auf dem Sender NICK Comedy zu finden war. In den USA hatte die Serie um die Freundinnen Joan (gespielt von Tracee Ellis Ross), Toni (Jill Marie Jones), Maya (Golden Brooks) und Lynn (Persia White) da schon mehr Impact. Nach acht Staffeln und Jahren kam sie 2008 zu Ende und ist damit die älteste Serie auf dieser Liste. Wie bei vielen Produktionen der 2000er stellt sich hier natürlich die Frage, welche Storylines mittlerweile in anderem (problematischen) Licht gesehen werden können. Warum „Girlfriends” für sie trotz Nullerjahre-Cringe und der ein oder anderen überholten Storyline trotzdem „watcheable” bleibt, hat die Schwarze Autorin Princess Weekes hier zusammengefasst. Davon abgesehen hält die Serie viele Storylines bereit, die auch in der familiären Interpretation von Freundschaft eine Rolle spielen: Karriere und Arbeitsplatz, tatsächliche Mutterschaft, toxische Freundschaft, Gesundheit und und und. In „Girlfriends” vermischen sich die Begriffe von „Freund*innen und Familie” bis zur letzte Episode. Verschiedene Folgen sind verfügbar auf YouTube.

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