Bei den Grammys 2021 räumte die Sängerin H.E.R. mit „I Can’t Breathe” den Preis für den „Song des Jahres” ab. Der Track erschien im letzten Jahr als Protest-Stück, das erneut die weltweiten Entwicklungen gegen Rassismus aufgreift. Zeit, sich den Song ein weiteres Mal anzuschauen.
Allein schon die Namen der Songs, die bei den Grammys 2021 als „Song des Jahres” nominiert waren, könnten einen ziemlich guten Eindruck davon abgeben, welche Emotionen das letzte Jahr so ausgemacht haben. Angefangen von Dua Lipas „Don’t Start Now” über Billie Eilishs „Everything I Wanted” bis zu Roddy Ricchs „The Box“, weiter zu Taylor Swifts „cardigan”, Post Malones „Circles“, Beyoncés „Black Parade” und „If The World Was Ending” von Julia Michaels und JP Saxe: Die Titelliste liest sich wie eine Kurzbeschreibung von 2020. Den klarsten Eindruck aber schafft die 23-jährige Gabriella Wilson, besser bekannt als H.E.R. Denn während hinter allen weiteren Songs wohl doch mehrere Bedeutungen stecken können, ist die Message ihres Gewinner-Titels unmissverständlich. H.E.R.s Song „I Can’t Breathe” greift nicht nur die letzten Worte des von US-Polizisten ermordeten George Floyd auf, sondern alles, was seinem Tod vorausging – und darauf folgte.
George Floyd und viele weitere: Die Bedeutung vom Satz „I Can’t Breathe“
„I Can’t Breathe” von H.E.R. erschien am 19. Juni 2020. Nicht mal einen Monat zuvor war George Floyd von einem Polizisten durch mehrminütiges Knien auf den Nacken getötet worden. Zu seinen letzten Worten gehört der Satz, der nun H.E.R.s Songtitel definiert. Die weltweiten Debatten, Kämpfe und Entwickliungen, die auf Floyds Tod folgten, dürften allen bekannt sein, die das Weltgeschehen im Ansatz verfolgen. „I Can’t Breathe“ ist zu einem Symbolsatz für die Black Lives Matter Bewegung und Demonstrationen gegen Rassismus, Polizeigewalt und White Supremacy geworden. Der Satz ist aber keinesfalls nur mit dem Tod von Floyd verbunden. Vielmehr geht er auf weitere Opfer von Polizeigewalt zurück. Die New York Times fand heraus, dass innerhalb der letzten 10 Jahre mindestens 70 Menschen in den USA dieselben Worte verwendeten, bevor sie in Polizeigewahrsam starben. Die Meisten von ihnen waren wegen gewaltfreier Delikte angehalten worden, die Hälfte von ihnen sind Schwarze Menschen.
Prägnante Lyrics und prestigereiche Nominierungen
„I Can’t Breathe” ist als Song also nicht nur eine Zusammenfassung der Kämpfe gegen Rassimus von 2020. Trotzdem zieht er vor allem eine Bilanz der unmittelbaren Gegenwart. In den ersten Strophen bleiben H.E.R.s Lyrics noch allgemeiner: Sie stellt Fragen zum Status Quo von Empathie und schildert ihre Wahrnehmung, wie unterschiedlich mit Menschenleben und Rechten verfahren wird. Im Verlauf bezieht sie sich auf weitere Themen in Rassismus-Debatten, wie die „All Lives Matter“ Bewegung, die Kolonialgeschichte der USA oder einen weiteren Song, „The Revolution is Not Televised”. In der dritten Strophe, wenn H.E.R. mehr spricht als zu singen, wird sie besonders deutlich. Hier könnt ihr euch die gesamten Lyrics inklusive Anmerkungen zu Referenzen ansehen. Sie stammen nicht nur von der Künstlerin H.E.R. selbst, sondern auch von Tiara Thomas. Die Songwriterin und H.E.R. haben schon mehrfach zusammengearbeitet. Mit dem Song „Fight For You” aus dem Film „Judas and The Black Messiah” sind sie nach den Golden Globes seit kurzem auch für einen Oscar nominiert. Thomas startete ihre Karriere in der letzten Dekade und wurde für den Song „Bad“ von Wale feat. Rihanna schon dreifach mit Platin ausgezeichnet.
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Songwriting im Kreis der Familie
Den Protest-Song schrieben Thomas und H.E.R. übrigens ganz Pandemie-gerecht über FaceTime. H.E.R. saß dafür in ihrem Kinderzimmer im Haus ihrer Mutter, der sie in ihrer Rede bei den Grammys 2021 ebenfalls dankt. Auch ihr Vater findet Erwähnung: Er bekam „I Can’t Breathe” als erstes zu hören und war zu Tränen gerührt. Seinen Schmerz und Emotionen teilen über 8 Millionen Zuhörer*innen, die den Song seitdem allein auf Spotify gestreamt haben. Damit gehört der Track allerdings zu H.E.R.s weniger gestreamten Singles. Zum Vergleich: Ihr meistgestreamter Track „Best Part (feat. Daniel Ceasar)” wurde fast 685 Millionen mal gehört. In den US-Billboard Charts „Hot R&B” erreichte „I Can’t Breathe“ im letzten Jahr Platz 20. Produziert wurde er übrigens von D’Mile. Der Producer schraubte schon an Songs, als H.E.R. aka Gabriella noch in der Grundschule saß. Seitdem hat er unter anderem für große Artists wie Rihanna, Mary J. Blige oder Bruno Mars gearbeitet, aber auch die neuesten Werke von Indie-Artists wie Joyce Wrice co-produziert.
„I Can’t Breathe” ist ein Song, der nicht nur immer wieder als Zeitkapsel für die Ereignisse und Entwicklungen des letzten Sommers steht, sondern auch Handlungen der Zukunft fördern kann. Oder, wie H.E.R. es selbst sagt: „Ich habe nicht geglaubt, dass meine Angst und mein Schmerz Auswirkungen haben und dass sie zu Veränderung führen könnten. Darum tue ich das hier, dafür mache ich Musik.” Und: „Wir sind die Veränderung, die wir sehen wollen. Den Kampf den wir 2020 gefochten haben…keep that same energy.“
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