Gegenseitiger Respekt ist im Bett enorm wichtig. Unsere Autorin verrät, was passiert, wenn der Partner eine Forderung wie „Lern mal zu Squirten!“ stellt, und warum das einfach gar nicht geht.
Das Wichtigste vorweg: An der Sexualität einer Frau ist nichts auszusetzen. Punkt. Es gibt keine richtige oder falsche Art und Weise, im Bett zu schauen, zu klingen oder zu handeln – solange beide (bzw. alle) Involvierten ihr Einverständnis geben. Genauso wenig gibt es eine zu hohe oder zu niedrige Anzahl von Sexualpartner*innen. Leider lehrt uns die Gesellschaft etwas anderes. Besonders Cis-Frauen, aber auch trans* Menschen und weiteren Mitgliedern der LGBTQI+-Community, wird beigebracht, sich für ihre Sexualität zu schämen, bevor sie überhaupt mit dem Spaß beginnen. Man lehrt uns früh, dass mit dem Aussehen, dem Geruch oder dem Geschmack unserer Genitalien, unserem Sexualtrieb und mit unseren sexuellen Fantasien etwas nicht stimmt.
Im eigenen Schlafzimmer (oder wo auch immer ihr so Sex habt) hat sexuelles Shaming mal so gar nichts zu suchen, bleibt aber leider nicht aus. Ich bin mir sicher, jede*r hat eine persönliche Geschichte zu diesem Thema. Heute möchte ich meine mit euch teilen. Es geht um Squirting. Na ja, eher um das Nicht-Squirten. Denn ich kann es nicht. Nein, anders: Ich habe noch nie gesquirtet und habe auch keinerlei Bedürfnis, es zu testen. Ich wüsste nicht, was mir das bringen sollte – außer einer ganzen Menge Wäsche. Meine Orgasmen sind auch (oder vielleicht gerade) ohne Sekretausfluss ziemlich angenehm, häufig und dauern lange an. Mittlerweile habe ich sogar eine Vielzahl von unterschiedlichen Orgasmen. Die habe ich mir aus freiem Willen und extremer, eigenmotivierter Lust selbst antrainiert. Das soll laut mancher Expert*innen, sowie einem meiner Sexualpartner, auch für das Squirten gelten. Ob Squirting meinem Orgasmus ein Upgrade verschafft, kann mir keine*r so wirklich beantworten.
Was ist Squirten eigentlich?
Darüber streiten selbst Forscher*innen. Expert*innen der Uniklinik Wien gehen davon aus, dass sich bis zu einem gewissen Zeitpunkt im Bauch der Mutter die Prostata bei Jungen und Mädchen gleich entwickelt und deshalb ebenfalls ein Ejakulat produzieren kann, das bei korrekter Stimulation (whatever that means) herausfließt. Französische Kolleg*innen fanden jedoch gegenteiliges heraus und schlussfolgern nach einem Ultraschalltest sowie der Untersuchung dieser ominösen Flüssigkeit, es handle sich um simplen Urin, so zitiert „Der Standard“. Was beim Squirten genau passiert, wie es passiert und was dabei, nun ja, raus kommt, darüber fand ich wenig eindeutige Informationen.
Im Bett unter Druck setzen? Geht gar nicht!
Das aber nur nebenbei. Denn egal was im Sekret drin ist oder wie man es raus kommt, meins bleibt ohnehin drin. Doch tue ich mir schwer damit nachzuvollziehen, wie man davon ausgehen, oder es gar fordern kann, dass eine Partnerin sich das Squirten beibringt – gerade bei einem Phänomen mit so vielen Mythen. So aber der Wunsch einer meiner Affären.
„Bring dir mal Squirten bei, Babe! Das ist so geil und soll voll easy zu lernen sein!“
Dass er gern etwas Neues ausprobieren wollen würde, kam für mich wenig überraschend. Dass ich mir dafür etwas antrainieren müsse, allerdings schon. Ab ins Squirting-Bootcamp? Ich dachte eher leichter Umsetzbares wie an Toys oder Rollenspiele.
„Seitdem das ein One-Night-Stand gemacht hat, stehe ich da voll drauf. Pornos reichen mir nicht mehr.“
Hach, die gute alte Mainstream-Pornoindustrie. Nur einer der Übeltäter dieser sexuellen Minusgleichung, bei der wirklich niemand auf seine*ihre Kosten kommt. Folgendes möchte ich ganz deutlich klarstellen: Verübeln kann ich es meiner Affäre nicht, die in vielen Filmchen dargestellten Szenen für voll zu nehmen und sich von den dort portraitierten Fantasien inspirieren zu lassen. Mir ist wohl bewusst, dass auch Cis-Männern von klein auf ein problematisches Verhältnis von ihrer Sexualität beigebracht wird. Ein heterosexuelles, das sie oftmals als Alpha und die Frau als eine ihm unterwürfige Sexdienerin beinhaltet. Und genau darauf fühlte ich mich in diesem Moment reduziert.
Was ich ihm jedoch übelnehme, ist seine Ausdrucksweise. Kein, und ich wiederhole KEIN produktives und respektvolles Gespräch beginnt mit einer Forderung. Das baut nur Druck auf und endet nie gut. Da kam keine Nachfrage, ob ich jemals Interesse oder Fantasien dahingehend hatte. Und ich muss sagen: Squirten kommt weder in meinem Fünfjahresplan vor, noch taucht es auf meinem Visionboard auf. Gewillt, mich auf die Wünsche meines Partners einzulassen, bin ich allemal – sogar wenn der Vorschlag erstmal nicht meine größte Erfüllung verspricht. Aber allein für die Lust und Befriedigung meiner Affäre (nicht mal exklusiv!) meine kostbare Freizeit mit sexueller Nachhilfe zu verbringen, gehört nicht zu meinen Prioritäten. Also beendete ich unser Gespräch (und die Affäre) so wie sie begonnen hatte: mit einer Forderung. Bye!