Schmatzen als Self-Care? 5 Menschen erklären, wie ASMR-Videos ihre mentale Gesundheit stärken

ASMR Videos zur Entspannung
Credit: Talisa Tossell YouTube
Eating-ASMR-Videos sind so polarisierend wie Koriander. Entweder man mag’s oder es schmeckt nach Spülmittel. Ähnlich verhält es sich mit den kurzen Videos von schmatzenden Menschen. Entweder man empfindet Eklig, oder es hilft bei Depressionen. Du verstehst nur Bahnhof? Gleich nicht mehr…

Ich hasse lautes Schmatzen in der Öffentlichkeit, aber liebe Eating-ASMR-Videos. Für viele macht dieser Satz jetzt wahrscheinlich wenig Sinn. Das habe ich bereits gemerkt, als ich meine Community via Instagram dazu aufrief, mir bei diesem Artikel zu helfen. Also lasse ich diesen nicht wirklich neuen aber extrem polarisierenden Trend vorerst wissenschaftlich von Expert*innen erklären, die auf dem Feld geforscht haben: die Neurowissenschaftler Emma L. Barratt und Nick J. Davis.

Was ist ASMR?

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„Die Abkürzung ASMR steht für „Autonomous Sensory Meridian Response“ und wird auch als „Kribbeln im Kopf“ bezeichnet.“ Quelle: Barratt & Davis von der Swansea Universität.

Du brauchst mehr Infos? Habe ich mir gedacht: „Durch Flüstern, knackende Geräusche und langsame Bewegungen, sowie weitere visuelle und auditive Trigger, kann ein prickelndes Gefühl über die Kopfhaut, den Nacken und in manchen Fällen sogar den ganzen Körper ausgelöst werden. Diese Sensation wird von Anhänger*innen als wohlig und entspannend empfunden. Neue Studien suggerieren sogar temporäre Verbesserungen in Hinblick auf Depressionen, chronische Schmerzen und Schlaf-, sowie Angststörungen.“

So weit, so weird? Es wird noch spezifischer, denn hier soll es um „Eating-ASMR“ gehen. Das Sub-Genre hat seine Ursprünge in Asien – mittlerweile hat Schmatzen als Self-Care Millionen Anhänger*innen auf der ganzen Welt und einige der berühmtesten Video-Produzent*innen extrem reich gemacht. Aber dazu später mehr.

ASMR: Ist das etwas Sexuelles?

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Zugegeben, auch meine erste Reaktion war: „Hä? Was gucke ich hier gerade? Why is this a thing? Ich hasse doch Schmatzen! Aber irgendwie mag ich das. Wieso mag ich das?“ Buchstäblich hellhörig wurde ich aber erst, als das W Magazin Stars mit typisch israelischen Snacks und anderen Lärm machenden Dingen vor ein sehr gutes Mikro gesetzt hat. Gal Gadot essen zu hören hat für mich sehr zur Normalisierung und Entstigamtisierung von ASMR beigetragen.

Als meine beste Freundin mir eines Abends verstört über die Schulter schaute, wie ich einem Mann beim Verschlingen einer Schüssel Ramen zuguckte, fragte sie: „Ist das etwas Sexuelles?“ Nein, für mich nicht. Aber über den Fetisch-Faktor von ASMR und besonders dem Eating-Content könnte man einen eigenen Artikel schreiben. Wired UK hat das getan. Über Makenna Kelly, die PayPal-Zahlungen für personalisierte Video-Anfragen annimmt – zusätzlich zu den regulären YouTube-Werbeeinnahmen, versteht sich. Die erst 13-Jährige aus den USA wird „wahrscheinlich die erste sein Person sein, die sich mit Einnahmen aus Milch-und-Keks Videos einen Lamborghini kaufen wird“, heißt es im Artikel. Ja, so viel Geld lässt sich mit Kauen im Web verdienen! Dass ihr YouTube-Kanal auch von Pädophilen geschaut wird, kann selbst ihre Mutter im Interview nicht abstreiten. Sie versucht aber, ihre Tochter so gut es geht vor den Kuriositäten in den Kommentaren und im E-Mail-Postfach zu schützen und kümmert sich um die Behind-the-Scenes Arbeit. Aber das nur am Rande.

Schmatzen als Self-Care? So funktioniert das Kribbeln im Kopf:

„Das ist wie eine kostenlose Therapiesitzung.“

Aber wieso ziehen sich Millionen Menschen das unter einem von sexueller Lust völlig losgelösten Aspekt dann rein, you ask? Eine universelle Antwort darauf gibt es nicht. Ist es ein klassischer Fall von ins-Instagram-Loch-gefallen? Oft ja. So war es auch bei mir. Bis ich merkte, wie die Entspannung einsetzte. Wir lassen fünf Fans einfach mal selbst erklären, was sie fühlen.

Für Carla betäuben die Videos ihre Angststörungen und Depression. „In Momenten, wenn mir alles zu viel wird,  ist es genau das Richtige zur Beruhigung.“

Steffi leidet an einer Phobie. „Das monotone Geräusch finde ich sehr angenehm. Statt auf mein Inneres, konzentriere ich mich auf die Videos. Warum gerade diese Art von ASMR mir hilft, weiß ich nicht.“

Michael wünschte ebenfalls, er wüsste, was ihn daran reizt. Sein liebster ASMR-Creator ist Chumnan101. „Das ist wie eine kostenlose Therapiesitzung.“ Und Hunger bekomme er auch noch. ASMR als Aperitif? Scheinbar!

 

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Talisa Tossell verdient ihr Geld mit ASMR-Content. Die Essens-Spate hat sie bis vor ein paar Monaten noch gemieden. Heute hat ihr mit Abstand erfolgreichstes Video über 1,5 Millionen Views auf Instagram und zeigt sie beim Naschen. „Fans schreiben mir regelmäßig, wie sehr ihnen meine Videos helfen. Klar gibt es auch diejenigen, die den Sinn dahinter gar nicht verstehen oder sich gar ekeln. Aber die positive Resonanz überwiegt und ich muss zugeben, selbst Gefallen daran gefunden zu haben.“

Der Esel nennt sich bekanntlich immer zuletzt. Mein Grund, mich in die Welt des Eating-ASMRs zu stürzen, ist vielleicht so simpel, wie die Videos selbst: Es ist wie eine Pause für mein Hirn. Mit gleichzeitiger Massage. Während ich Talisa beim Honigessen zuschaue und -höre, ist kein Platz für Deadlines, Termine oder schlechte Gedanken. Und wenn das jemand nicht versteht, oder weird findet, ist das für mich okay. Hauptsache es kribbelt.

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