Der Internationale Männertag steht jedes Jahr nicht für die Verherrlichung des Patriarchats, sondern für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Männern. Was der am meisten im Weg steht? Die Männlichkeit selbst. Ja, immer noch. Also sprechen Menschen weiter darüber, genau diese zu dekonstruieren. Zum Beispiel in diesen 6 Talks.
Im Song „Man To Man” stellt der*die genderfluide US-Musiker*in Dorian Electra folgende Fragen: „Are you man enough to soften up? Are you tough enough to open up?”. Wer den ganzen Song kennt weiß, dass diese Zeilen durchaus sexuell konnotiert sein könnten. Es könnte aber eben auch um etwas anderes gehen: Zum Beispiel um die lang anhaltenden Gespräche über Männlichkeiten. Das Konzept von „Männlichkeit” hat Auswirkungen auf nicht-cis-männliche Mitglieder einer Gesellschaft, aber auch auf das emotional selbstbestimmte und freie Leben von (cis) Männern selbst. Dorian Electras Song stammt aus dem Jahr 2019, aber auch schon lange davor und danach kreisen Diskurse um Männlichkeit und wie wir sie überkommen können. Der Internationale Männertag, der jedes Jahr am 19. November stattfindet, legt darauf einen Fokus.
Dass der Diskurs um Männlichkeit so viele Ebenen hat hat – wie so oft – vermutlich mit den entgegengesetzten Enden der Wahrnehmung von Männlichkeit zu tunn. Für diejenigen, die (binäre) Geschlechterkonzepte und damit verbundene Rollenmodelle seit Jahren hinterfragen und regelmäßig dekonstruieren, sind popwissenschaftliche Begriffe wie „toxische” oder „kritische” Männlichkeit längst Standard. Andere kennen zwar diese Begriffe nicht, praktizieren dafür aber unbewusst neue Bilder von „Männlichkeit“. Wieder andere sehen es schon als Affront, das Thema überhaupt offen besprechen zu wollen. Allein der Schritt, mit dem Männlichkeit als Teil von Identitätsbildung benannt und herausgefordert wird, löst hier Gefühle von Irritation und Angriff aus.
Männlichkeit zieht sich durch alle Lebensbereiche
Es bleibt also wichtig, den Diskurs auszubauen. Die folgenden Gespräche sind ein Teil davon. Sie beschäftigen sich mit vielen Facetten von „Männlichkeit”. Es geht um Grundsatzfragen zu Geschlechterkonzepten wie „Mannsein“, von Privatleben bis Musik, um die Unterschiede von toxischer und kritischer Männlichkeit, um nicht-cisgeschlechtliche Perspektiven, um das Zusammenspiel vom Wohnen und Männlichkeit, um Männlichkeit in verschiedenen kulturellen Welten. Natürlich gibt es noch viele intersektionale Perspektiven, aus denen das Thema in Zukunft beleuchtet werden muss. Vielleicht inspirieren euch diese Folgen aber ja dazu, ab jetzt in die Fußstapfen von Dorian Electra zu treten – und der Männlichkeit demnächst mit noch mehr Fragen zu begegnen.
Zart Bleiben von Fabian Hart mit Daniel Schreiber
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Zu den Expert*innen im Talk über Männlichkeit zählt der Autor und Podcast-Host Fabian Hart. Was es bedeutet (oder eben nicht) „männlich“ zu sein, hinterfragt Hart nicht nur in seiner Vogue-Kolumne „Das neue Blau“, sondern auch in Social-Media-Posts und seinem Podcast. Schon der Titel „Zart Bleiben – Der Podcast über Männlichkeiten“ ist eine Anspielung auf kopfgestellte Konzepte und Klischees hinter Männlichkeit, die aus unter anderem queerer Perspektive in den einzelnen Folgen bearbeitet werden. Im Gespräch mit dem Autor Daniel Schreiber analysiert Hart zum Beispiel den Einfluss, den die Wohnsituation als allein lebender Mann auf dessen Gefühlswelt hat und was das wiederum mit dem Konzept von Männlichkeit zu tun hat.
Rice and Shine von COSMO – Über „asiatische Männlichkeit”
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Verschiedene Gruppen haben verschiedene Wahrnehmungen von Männlichkeit, das ist klar. Die Diskurse rund um Männlichkeitsbilder sind aber nicht immer facettenreich oder intersektional. Oft sind sie zum Beispiel von rassistischen Stereotypen mitgeformt oder in Zuschreibungen an Themen wie Religionen geknüpft. Dabei kann sich ein Männlichkeitsbild doch schon allein innerhalb geografischer Grenzen wandeln, auch wenn patriarchale Strukturen weltweit vorherrschen. Es gilt also, auch unterschiedliche Kontexte von Männlichkeitsbildern in den Blick zu nehmen. Zum Beispiel so, wie es Minh Thu Tran und Vanessa Vu in ihrem Podcast „Rice And Shine” tun. In der Folge „asiatische Männlichkeit” sprechen sie über jene Zuschreibungen, die (ost-)asiatische Männer erfahren: Stichworte Nerd-Dasein, „Entmännlichung”, Kampfkunst. Besonders interessant dabei: Gesprächspartner sind unter anderem auch ihre eigenen Väter.
Off the Record von DLF Kultur – Männlichkeit in der Musik
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Die hierzulande wohl berühmteste und klischeehafteste Songzeile zu Männlichkeit dürfte aus Herbert Grönemeyers Song „Männer” stammen. Kein Wunder also, dass sie auch Teil der Männlichkeitsanalyse von Deutschlandfunk Kultur ist. Hier wird sich mit gängigen Stereotypen über männlich gelesene Menschen auseinandergesetzt – Looks, Sportlichkeit, aber auch Männlichkeitsfragen in der Musik. Und siehe da: Eine so große Rolle spielt der Grönemeyer-Song am Ende gar nicht. Vielmehr fängt das Gespräch bei Metal an und endet bei Miley Cyrus und RuPaul. Was die mit Männlichkeiten zu tun haben, erfahrt ihr innerhalb von 51 Minuten und 51 Sekunden.
Im Namen der Hose von PULS – Folge „Wann ist ein Mann ein Mann?”
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Für alle, die doch noch mal einen Grundkurs in Sachen binärer Stereotype brauchen, stehen Ariane Alter und Kevin Ebert zur Verfügung. Auch sie führen im Titel ihrer Podcast-Folge die Grundsatzfrage an: Wann ist ein Mann ein Mann? „Im Namen der Hose“ bespricht als „Sex-Podcast” oft auch weniger theoretische Themen, in dieser Folge aber geht’s in unser aller Köpfe. Dabei landen die Moderator*innen zunächst mal bei bekannten Situationen von sexistischen Schieflagen zwischen cis Frauen und Männern oder der Frage, warum homosexuelle Männer als weniger „männlich“ wahrgenommen werden. Es geht aber auch um Gewalt in Partner*innenschaften und den Einfluss von Emotionslosigkeit auf die mentale Gesundheit von Männern.
„Anti-Was?” von Dîlan Karacadağ mit Fikri Anıl Altıntaş
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Ist kritische Männlichkeit eine Gegenhaltung zu toxischer Männlichkeit? Und warum wird der Begriff „toxische Männlichkeit” vielleicht zu leichtfertig verwendet? Fragen wie diese beantwortet Autor Fikri Anıl Altıntaş im Podcast „Anti-Was?” von Journalistin Dîlan Karacadağ. Neben seiner Arbeit als Autor ist Altıntaş Deutschland-Botschafter für die Initiative #HeForShe von UN Women und beschäftigt sich in seiner Arbeit mit Männlichkeiten, Rollenbildern und Orientalismus. Mit ihm ergibt sich übrigens ein Gesprächs-Crossover: Während Altıntaş in dieser Folge unter anderem erklärende Antworten zu Begrifflichkeiten gibt und besonders den Zusammenhang von Männlichkeiten und sexualisierter Gewalt gegenüber FLINTA* hinweist, hat er im Podcast von Fabian Hart (s.o.) auch schon über Schwestern, Fußball und Pornos diskutiert.
(FLINTA steht für Frauen, Lesben, Inter- und Nicht-Binäre Menschen, trans*, Agender und weitere Menschen).
„Sex Tapes” mit Linus Giese
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Über seine persönliche Perspektive zu Männlichkeit spricht der Autor und trans* Mann Linus Giese in dieser Podcastfolge. Innerhalb von zwei Stunden reichen die Gesprächsthemen von Online-Dating bis zum Wort „Man Bun”. Als Einleitung beschreibt Buchhändler- und Autor Giese seinen eigenen Coming-Out-Prozess, seine Selbsterkennung und was ein Starbucks-Becher damit zu tun hat. Darüber hinaus geht es um mediale Berichterstattung über trans* Menschen, Selbstreflexion und warum weder Gender noch Kapitalismus in diesem Jahr abgeschafft werden – so jedenfalls lautete Gieses Prognose Ende 2020, als diese Folge erschien. Technisch gesehen stammt sie somit zwar nicht aus 2021, jene Prognosen werden aber wohl auch 2022 noch Wahrheit sein.