Gewalt gegen Frauen: Über Selbstverteidigung, Kampf, Hilfsaktionen und Spenden

Foto: Nadine Shaabana/Pexels
Der Hass und die Gewalt gegen Frauen sind weltweit systematisch verankert. Damit sich das ändert, schaffen Initiativen weltweit nicht nur am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen Aufmerksamkeit für die Missstände und bieten Wege für Schutz, Hilfe und Handlung. Wie wir weiter kämpfen, uns und andere schützen können und welche Initiative ein Zeichen setzt, lest ihr hier.

Am 25. November eines jeden Jahres kommen sie wieder ins Gespräch, die Zahlen, die angeben sollen, wie häufig Frauen von Gewalt betroffen sind. Oft durch Partner, oft physisch, aber auch psychisch. Und so auch am 25. November 2021, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, liegen wieder Zahlen vor. Hierzulande hat sie unter anderem UN Women Deutschland zusammengefasst, die mit dem #OrangeDay und #OrangeTheWorld eine internationale Kampagne fortführen, um auf die Gewalttaten aufmerksam zu machen. Dazu aber weiter unten mehr.

Gewalt gegen Frauen in Deutschland: Das sind die aktuellen Zahlen und Fakten

Zuerst zu den Zahlen: In Deutschland ist jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen, sexuelle Belästigung nicht inbegriffen (Quelle 1, siehe ganz unten). Circa 13 Frauen sind pro Stunde Opfer von Gewalt durch ihren Partner (Quelle 2). Laut Bundeskriminalamt ungefähr 8 Frauen pro Tag vergewaltigt (Quelle 3). Und alle zweieinhalb Tage wird eine Frau durch ihren (Ex-) Partner getötet, im Jahr 2020 waren das 139. Unter den 146.655 registrierten Fällen von vollendeter oder versuchter Partnerschaftsgewalt – fast 5% mehr als 2019 – waren 80,5 Prozent der Opfer Frauen, 79 Prozent der Tatverdächtigen Männer (beide Sätze: Quelle 4).

Koalitionsvertrag verspricht mehr finanzielle Hilfen für mehr Frauenhäuser

Für all diese Daten gilt: Hinter jeder Zahl steckt ein individuelles Leben, gleichzeitig sind es nie Einzelfälle. Und: Für jede dieser Zahlen ist die Dunkelziffer unbekannt, die tatsächliche Wahrheit vermutlich viel größer. Seit Beginn der Pandemie ist die Gewalt gegen Frauen bekanntlich international gestiegen. Das bundesweite Hilfetelefon in Deutschland berichtet von 20 Prozent mehr Anrufen. Im dieser Tage vorgestellten Koalitionsvertrag verspricht die Bundesregierung, „das Recht auf Schutz vor Gewalt für jede Frau und ihre Kinder absichern und einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern sicherstellen”. Dass das dringend notwendig ist, beweisen auch die Zahlen zur Überlastung und eingeschränkten Plätzen von Frauenhäusern, die die Plattform Mädelsabende hier zusammenfasst.

In der Praxis schützen und Initiativen unterstützen: Was ihr direkt umsetzen könnt

Bis dieser begrüßenswerte finanzielle Rahmen aber umgesetzt wird, kann schon der nächste 25. November anstehen. Und auch Zahlen wie die oben sind Jahr für Jahr bekannt. Bisher haben sie aber nicht unbedingt zu spürbaren Veränderungen für Frauen geführt. Und doch bleibt es wichtig, sie besonders als Grundlage für Handlungen zu verwenden, denn das Problem liegt weiterhin strukturell in den patriarchalen Systemen und Hass, den Frauen in den verschiedensten Lebensbereichen erfahren. Gedankliche, systematische und gesellschaftliche frauenfeindliche Strukturen gilt es jeden Tag zu bekämpfen, im Kleinen wie im Großen, und zwar für jede*n – auch und besonders cis Männer. Aktuell holen diese Mantra die Realität aber immer noch nicht schnell genug ein. Für Frauen und ihr supportendes Umfeld bleibt es deshalb wichtig, sich in der Praxis gegen die Gewalttaten zu schützen oder Initiativen zu unterstützen, die Schutz fördern. Im Folgenden findet ihr dazu neue Initiativen sowie bestehende Informationen aus dem BLONDE-Archiv.

Hilfetelefone – hier die wichtigsten Adressen:

  • Wenn du Gewalt erfahren hast, kannst du dich zu jeder Zeit anonym per Telefon, Online-Chat oder E-Mail beim nationalen Hilfetelefon beraten lassen. Die Telefonnummer ist 08000 116 016. Die Beratung ist in 17 Sprachen und auch in Gebärdensprache oder leichter Sprache möglich. Auch Angehörige, Freund*innen und Fachkräfte können beraten werden.
  • Für Betroffene von sexualisierter Gewalt gibt es ein weiteres Portal oder eine Hotline unter der 0800 22 55 530 (Mo., Mi. & Fr.: 9 bis 14 Uhr; Di. & Do.: 15 bis 2o Uhr).
  • Das Projekt „Suse hilft“ hilft Frauen mit Behinderung, die Gewalt erfahren (haben).
  • Natürlich gibt es viele verschiedene Formen von Gewalt gegen Frauen, vor allem auch psychische. Wenn ihr schon ungefähr erkannt habt, was euch widerfährt, könnt ihr in diesem Netzwerk des Bundesverband Frauen gegen Gewalt eine passende Beratungsstelle in eurer Nähe raussuchen.

Sicherer Heimweg: Schutzmaßnahmen für unterwegs

Gerade mal zwei Wochen ist es her, dass ein auf TikTok verbreitetes Handzeichen einer jungen Frau potentiell das Leben gerettet hat. Die 16-jährige saß im Auto eines Mannes, der sie entführt hatte, und signalisierte anderen Autofahrer*innen durch ein Handzeichen, dass sie in Gefahr sei. Das Handzeichen war zuvor auf TikTok verbreitet worden. Die örtliche Polizei hatte noch nicht von dem Zeichen gehört, konnte das Mädchen durch Benachrichtigung der anderen Autofahrer aber befreien.

 

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Ein Beitrag geteilt von New York Times – Gender (@nytgender)

Im Frühjahr diesen Jahres wurde außerdem viel über den Fall der auf dem Heimweg getöteten Sarah Everard für berichtet. Im Zuge dessen hatten wir euch im folgenden Beitrag 3 Smartphone-Maßnahmen vorgestellt, die ihr einsetzen könnt, falls ihr euch auf dem Heimweg befindet und in Gefahr vermutet. Mit ihnen könnt ihr zum Beispiel einen Notruf absetzen, ohne die Zahlen wählen zu müssen, bei einer Hotline anrufen, die euch am Telefon bis nach Hause begleitet, oder eine App runterladen, die über die „Standort teilen“-Funktionen bei WhatsApp hinausgehen und professionelle Betreuer*innen einsetzen.

Sicherer Heimweg: Welche Smartphone-Tipps helfen können und warum wir die Ursachen von Gewalt bekämpfen müssen

Ein (finanzielles) Zeichen setzen: Organisationen unterstützen und #OrangeTheWorld von UN Women

Wer als Nicht-Betroffene*r in der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen praktische Hilfestellung leisten möchte, kann das zum Beispiel in Form von Sach- und Geldspenden an lokale Frauenhäuser tun. Gleichzeitig gilt es natürlich, sich im privaten und beruflichen Umfeld zu äußern, aufmerksam zu sein und sich auch gegen subtile Gewalt an Frauen zu positionieren – zum Beispiel mit diesen 10 Tipps.

  • Gleichzeitig könnt ihr aber auch überregionale beratende Hilfsorganisationen unterstützen, wie zum Beispiel den Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe.
  • Oder, auf internationaler Ebene, den UN Trust Fund to End Violence against Women, der weltweite Projekte gegen Gewalt an Frauen fördert. Frauen erhalten durch die hier geförderten Projekte z.B. sichere Zufluchtsorte sowie psychologische und juristische Beratung. Ihr könnt aber auch an UN Women Deutschland spenden, die national Aufklärungsarbeit leisten, um Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen zu beenden oder Männer sensibilieren, Teil einer Lösung zu werden. Unterstützen könnt ihr auch im Rahmen der #OrangeTheWorld Aktion, mehr Infos dazu hierunter.

Mit der Kampagne #OrangeTheWorld, die von UN Women umgesetzt wird, könnt ihr auch ein Zeichen auf Social Media setzen. Die Aktion läuft von heute bis zum 10. Dezember 2021, dem Internationalen Tag der Menschenrechte und soll Aufmerksamkeit für das Thema frauenfeindlicher Gewalt schaffen sowie Politik und Zivilgesellschaft zum aktiven Widerstand bewegen. Als erstes Zeichen leuchten zahlreiche Gebäude in Deutschland und weltweit in Orange. Sie sollen für Solidarität mit den Opfern von misogyner Gewalt stehen. Auf Social Media können zur Verlängerung dieser Message zum Beispiel nicht nur das Kampagnenvideo und die Infoseite gewalt-stoppen.org geteilt, sondern auch Profilbilder in der Orange-Farbe #f15e24 gefärbt werden. Wer ein ganz neues Bild postet, hält dafür die Hand als Stoppzeichen in die Kamera. Die Aktion hofft außerdem, durch freie Spenden oder ein Charity-Armband im Rahmen von #OrangeTheWorld zahlreiche Einnahmen für den o.g. Trust. Fund zu generieren.

Quellen:
1: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über UN Women
2: BSMFJ/Bundeskriminalamt über Deutschland3000
3: UN Women Deutschland in einer Pressemitteilung
4: Bundeskriminalamt über ze.tt

 

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