Am 2. und 3. September werden wieder tausende Besucher*innen zum Superbloom Festival in den Olympia Park München strömen. Hinter dem Konzept steckt Fruzsina Szép. Wie die einzige weibliche Festivalleiterin in Deutschland arbeitet und was für sie ein gutes Festival ausmacht, lest ihr in unserem Interview.
Anfang September verwandelt sich das Gelände des Münchner Olympiaparks wieder in eine spektakuläre Erlebniswelt. Das Superbloom Festival fand pandemiebedingt nach zweimaligem Aufschub 2022 zum ersten Mal statt. Es war ein voller Erfolg. Und auch in diesem Jahr überzeugt es mit einem beeindruckendem Line-Up: Years & Years, Imagine Dragons, SkiAggu, Peter Fox, Paula Hartmann und viele mehr.
Das Superbloom ist aber mehr als ein reines Musikfestival. Neben den drei Stages gibt es verschiedene Bereiche mit Experiences für Groß und Klein auf dem Gelände. Künstler*innen treffen auf zahlreiche NGOs, Kunst- und Kulturangebote und sogar Podcasts, wie „Mord auf Ex” oder „Tratsch & Tacheles”.
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Hinter diesem facettenreichen Potpourri aus Musik, Performance und Workshops steht Fruszina Szép. Sie ist die einzige weibliche Direktorin in der deutschen Festivalszene. Schon zuvor hatte sie die Leitung für das Lollapalooza in Berlin und das Sziget in Budapest übernommen und jetzt ihr eigenes Festival-Konzept entwickelt und gelauncht.
BLONDE: Wie geht es dir gerade so kurz vor dem Festival?
Fruzsina: Grundsätzlich sehr gut, aber zwei Wochen vor dem Festival ist die Stimmung sehr angespannt. Es ist die Zeit, in der man wenig schläft, die Checklisten ewig lang sind und viele Meetings stattfinden. Ich sage immer gerne, das Adrenalin fließt mir aus den Ohren. Aber ich mag es auch gerne, weil endlich alles zusammenkommt. All die Planungen, all die Ideen über die man ein Jahr lang geredet hat.
Was sind deine Aufgaben als Direktorin des Superbloom Festivals?
Ich bin so was wie die Kapitänin auf einem Schiff. Ich muss den kompletten Überblick behalten über alle Departments und Themen des Festivals. Aber dieses Schiff fährt und funktioniert nicht ohne das restliche Team. Generell sehe ich mich eher als Sparringspartner für das Team. Der Titel Festival Leiterin hat so eine Schwere. Klar, ich habe eine große Verantwortung, aber ich trage sie nicht allein. Wir alle rudern zusammen und mein Team lässt mich nicht alleine untergehen, selbst wenn wir mal ein Leck haben – um bei den Schiffs-Metaphern zu bleiben (lacht).
Beschreibe das Superbloom in drei Worten.
Das ist nicht ganz einfach, weil mir dieses Festival so ans Herz gewachsen ist. Es ist das Erste in meiner Laufbahn, das ich selber konzipieren durfte. Es ist wie mein eigenes Kind und meine kleine Tochter kann ich auch nicht mit drei Worten beschreiben. Ich würde das Superbloom so beschreiben: Es ist gefühlvoll, es ist innovativ. Es ist vielfältig, verspielt, detailverliebt und inspirierend.
Beim Superbloom geht es neben Musik auch um verschiedenste Experiences. Wie kam dir diese Idee?
Meine Familie und ich sind 1989 aus Ungarn nach München geflohen. Dort bin ich aufgewachsen und war vor allem mit meinem Vater fast jedes Wochenende im Olympiapark spazieren. Ich habe da ganz tolle Erinnerungen an wunderschöne Momente. Mein Vater war blind und und er hat immer betont, dass ich die Welt mit allen meinen Sinnesorganen erleben soll – die Natur, die Menschen – nicht nur mit meinem Augenlicht. Seine Sichtweise aufs Leben und Geschichten haben mich sehr geprägt. Als ich dann die Anfrage von Goodlive bekam, ein neues Konzept, eine neue Marke aufzubauen, war ich sofort begeistert. Dann hat es einige Monate gebraucht, bis ich das Konzept erarbeitet hatte. Es war ein sehr schöner und persönlicher Prozess.
Das Superbloom hat letztes Jahr zum ersten Mal stattgefunden – ihr wart ausverkauft und wurdet mit dem „European Festival Award” in der Kategorie „Best New Festival” ausgezeichnet. Was sind die Ansprüche für dieses Jahr?
Der Award war auf jeden Fall eine ganz tolle Bestätigung. Ich nehme das aber nicht als selbstverständlich wahr. Ich habe sehr gehofft, dass das Konzept gut ankommt, dass man durch das Festival und all dieses kunterbunte Drumherum, mit all unseren Inhalten auch an Lebensqualität gewinnen kann. Aber es hat mich auch dazu gebracht, noch mehr auf das Festival, das Team und unsere Inhalte zu achten. Zu schauen, sind wir auf dem richtigen Weg und wo geht unsere Reise hin? Man möchte dem Vertrauen vom Vorjahr natürlich gerecht werden.
Welchen Herausforderungen musstest du dich stellen?
Insbesondere Finanziellen. Viele Festivals in Deutschland und europaweit hatten echte Probleme. Es gab viele Absagen. Die Corona-Zeit, Preiserhöhungen und die Inflation haben dieses Jahr sehr geprägt. Dazu kommt, dass der Festival-Markt selbst sehr übersättigt ist. Jedes Jahr ist ein Learning. Wir sind nicht perfekt und wir werden auch dieses Jahr nicht perfekt sein. Aber wir versuchen auf jeden Fall, alle Fehler und Herausforderungen, die wir letztes Jahr hatten, zu meistern und zu verbessern. Ich bin positiv gestimmt, dass wir für dieses Jahr sehr gut aufgestellt sind.
Fotos: Tim Ludwig, Fabian Stoffels, Janis Hinz
Was ist dir als weibliche Führungskraft wichtig?
Das Arbeitsklima und ein guter Umgang auf Augenhöhe. Ich bin kein Fan von Intrigen oder negativen Energien. Bei uns ist es eher freundschaftlich, man hilft sich gegenseitig. Außerdem besteht das Superbloom-Team zu 90 Prozent aus FLINTA*-Personen – auch in wichtigen Leitungsfunktionen. Das sorgt natürlich für ein besonderes Klima. Aber egal welches Geschlecht, ich bin sehr dankbar und stolz auf das Team.
Festivals sind Freizeit und Spaß, für dich ist es ein Job. Wie gelingt dir eine gute Work-Life-Balance?
Also ehrlich gesagt, ist es für mich echt schwer. So kurz vor dem Festival ist besonders viel los. Wir besteigen gerade den Mount Everest. Und nach dem Festival fällt man förmlich in sich zusammen. Bis Weihnachten normalisiert sich dann alles wieder. Endlich wieder normal schlafen, essen, sich mit Familie und Freund*innen treffen. Ab Januar zieht es dann Monat für Monat wieder an. Juni, Juli, August sind hardcore. Außerdem habe ich eine kleine Tochter – sie ist gerade erst zwei Jahre alt geworden. Ich bin also Vollzeit-Mama und Vollzeit-Direktorin und beides zusammen ist schwer. Ich komme definitiv an meine Grenzen.
Wie ist es, die einzige Festivaldirektorin in Deutschland zu sein?
Die ganze Branche ist sehr männerdominiert. Das hängt denke ich auch damit zusammen, dass Frauen gesagt wird, wenn du Mutter wirst oder dir eine Familie wünschst, dass das schwer mit einer Führungsposition zu vereinbaren sei. Deswegen gibt es leider immer noch sehr wenige weibliche Festival-Leiterinnen. Gleichberechtigung ist ein Prozess, aber ich wäre froh, wenn wir in fünf Jahren dieses Interview wiederholen, dass ihr mir so eine Frage gar nicht mehr stellen müsst, weil man sagen kann, da und da und hier gibt es auch weibliche Festival-Leiterinnen.
Was wünscht du dir für die Festivalbranche?
Themen rund um Nachhaltigkeit, Sicherheit, Genderbalance, Chancengleichheit und Mental Health brauchen weiterhin viel mehr Aufmerksamkeit. Als Vorstandsmitglied von Yourope – der Europäischen Festival Association – setzte ich mich mit diesen Themen schon seit zehn Jahren auseinander. Zu Yourope gehören über 120 Festivals, aus Deutschland und Europa, natürlich auch das Superbloom. Es gibt regelmäßig Gastvorträge, Talks und Arbeitsgruppen, um in der Branche etwas zu bewegen.
Was macht für dich ein gutes Festival aus?
Wenn ich sehr viele glückliche und lächelnde Gesichter auf dem Gelände sehe. Nicht nur bei Besucher*innen, sondern auch im Team. Ich sage immer, das Gelände ist der Körper und die Inhalte sind das Herz von einem Festival. Aber die Seele sind unsere Besucher*innen und unsere Künstler*innen, die das Festival mit Leben füllen.
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