Wie formt ein Ort unsere Identität? Mit diesen und mehr Fragen beschäftigt sich das Fotoprojekt „Haus am Strand“ und stellt dabei die weiblich gelesene Perspektive in den Fokus. Das Ergebnis ist eine Mischung aus Dokumentation und Inszenierung.
Das Verhältnis zur eigenen Familie reflektieren: Nicht nur über die Feiertage, aber besonders im gesamten letzten Jahr werden sich einige mal wieder dabei erwischt haben. So ging es auch der Stylistin Marie Godt – nur, dass sie mit ihren Gedanken eine ganze Ecke früher dran war. Schon im Sommer 2020 reist sie zusammen mit der Fotografin Nolwenn Le Flanchec auf die ostfriesische Insel Langeoog. Dabei entsteht das Fotoprojekt „Haus am Strand”, in dem Marie und Nolwenn mit textlicher Begleitung von Jovana Reisinger die weiblich gelesenen Mitglieder von Maries Familie in den Fokus stellen.
Zu den aktuell 1817 Einwohner*innen von Langeoog zählen seit Generationen nämlich auch die Verwandten der Stylistin. Um die Beziehung von Identität und Ort zu erforschen, zeigt Marie hier ihre Oma, Schwester, die Tante, Töchter ihrer Cousine aber auch Freund*innen. Sie posieren in von Marie gestylten Looks für inszenierte Bilder, aber auch zufällige Momentaufnahmen. „Ob am Strand, in der Steppe, auf der Wiese, an der Küste”, schreibt Autorin Jovana im Begleittext zum Fotoprojekt, „all diese Abbildungen zeigen keinen Widerspruch auf. Sie schaffen vielmehr eine Parallelerzählung, einen eigenen Kosmos. Und genau so verhält es sich auch mit dem Styling. Eine angenehm aufregende Mischung zwischen Designer und Vintage, zwischen Business und Leisure, zwischen der Lust am Spielerischen und an Ernsthaftigkeit gleichermaßen – ohne dabei affektiert oder besonders prätentiös zu werden. Und selbst wenn die Frauen auf dem Teppichboden liegen, zu zweit vor einer Hausmauer stehen, an einem Gartenzaun lehnen oder ein Pferd hinter sich haben, wirken sie nicht ausgestellt. Sie wirken entschlossen, ohne dass die Betrachter:innen wissen müssen, wozu.”
Entschlossen ist auch das künstlerische Duo selbst: Mit dem Projekt wollen Marie und Nolwenn verschiedene Generationen von Langeooger Frauen inszenieren, aber auch mit der „romantisch-verklärten” Vorstellung von Inselleben als eine Art „Seifenoper” aufräumen. „Haus am Strand” zeige dazu eben „stolze, erhabene, durchaus hinreißend furiose Frauen jeglichen Alters”, schreibt Reisinger. Und trotzdem spielt das Projekt mit Elementen von Tradition und Kitsch. Wir sehen Blumen, Retro-Badezimmer und Stillleben aus dem Garten. Ihre Kombination trägt am Ende zum Bild von Langeoog und ihren Bewohnerinnen bei, deren Beziehung sicher noch viel mehr umfasst, als je ein Bild einfangen könnte.
Das gesamte Fotoprojekt könnt ihr auf Instagram sehen.
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