Die 20-Jährige Valentina Vapaux hat gerade ein Buch über ihre Generation rausgebracht, will in ihrem Podcast Politik verständlich machen und schreibt Gedanken in Gedichten nieder. Bei einem Spaziergang in Brandenburg spricht sie über Intimität und mediales Schubladendenken und zeigt die aktuelle Kollektion von Fila.
Wie hätte es wohl ausgesehen, wenn Goethe ein „Life-Update” Video gedreht hätte? Ein Vlog aus Weimar, ein Recap vom letzten Schreib-Retreat? Okay, genug der schiefen Analogien. Wie wir auf den Gedanken eines zeitreisenden Goethe kommen? Durch Valentina Vapaux. Die 20-Jährige Tocher deutscher und mexikanischer Eltern bezeichnet sich selbst als „digitaler Goethe, nur in schlecht”. Klingt nach hochtrabenden Vergleichen, die wiederum auf Understatement treffen. Fakt ist: Zu den prägendsten Autor*innen der deutschsprachigen Literaturgeschichte mag Vapaux vielleicht noch nicht zählen. Mehr Medienformate als Goethe hat sie aber allemal unterm Arm.
Lyrik, Journalismus, Sachbuch: Hier schreibt Valentina Vapaux
Einen jungen Lyrik-Wettbewerb hat Valentina gewonnen (mit ihrem Gedicht „Bornholmer Straße”) und einen Politik-Podcast ins Leben gerufen, den der SWR aufgekauft hat und nun gemeinsam mit Valentina produziert. Nach Praktika in deutschen Redaktionen schrieb sie frei für Magazine wie Title, vor allem ging sie aber im letzten Jahr nach New York, um an einem Journalismus-Programm der New York Times teilzunehmen. Davon erzählt sie in einem der Life-Update-Videos, die sie nach wie vor auf ihrem YouTube-Kanal hochlädt. Dort hat Valentina gerade 255k Follower*innen, bei Instagram sind es 145k, bei TikTok 86k. Ihnen präsentiert sie ästhetische Bilder und Videos, oft begleitet von Zitaten aus Literatur, Popkultur und eigener Lyrik. Mit dabei sind Bilder ihres Styles zwischen Korsagen und Casual, den sie auch in unser Shooting mit der aktuellen Kollektion von Fila integriert. Die italienische Kultmarke feiert in diesem Jahr 110-jähriges Jubiläum und damit eine jahrzehntelange Kombination aus hohem Wiedererkennungswert des Letter-Logos, der ikonischen Rot-, Blau- und Weißtöne und persönlichem Stil. Passend dazu steht auch die aktuelle Kollektion mit dem Motto „Playing With Style“ für Freude an Mode und Individualität. Und nach genau diesem Vorsatz kombiniert Valentina ihre persönlichen Winter-Essentials bei unserem Spaziergang mit den Pieces der Kollektion. Das Longsleeve ist dabei ihr Fila-Favorit: „Heute finde ich es schön, selbstbewusst meinen Körper zu betonen und das ist im Winter meistens nicht so einfach – [mit dem Longsleeve] ist mir nicht kalt und ich fühle mich irgendwie elegant.”
Elegant, so oder so ähnlich würden Valentina vielleicht auch ihre Leser*innen beschreiben – und davon hat die 20-Jährige nicht wenige. Ihr Buch „Generation Z” ist gerade mal im Oktober 2021 erschienen, schon jetzt wurde aber eine zweite Auflage gedruckt. Als eine „differenzierte Auseinandersetzung mit der Jugendkultur” beschreibt es der Verlag. Auf die Frage, wie sie diese „Generation” in einem Satz zusammenfassen würde, antwortet Valentina: „Wir sind (…) voller Diskrepanzen und großen Polen, wir sind einsam und überfordert angesichts der Komplexität der Welt, wir verzweifeln an und in ihr, doch wir bleiben voller Hoffnung, [haben] Mut zu Neuem und fordern große Veränderungen.”
New York vs. Berlin vs. bayerische Dörfer
Viele Veränderungen gab es im letzten Jahr auch in Valentinas Privatleben. In einem ihrer Videos spricht sie über den Struggle mit ihrem Studium in Politikwissenschaften und die Konflikte mit dem großen Traum, aus dem verleideten Berlin nach New York zu ziehen, wo sie auch noch nach dem Schreibprogramm der New York Times Zeit verbracht hat. Klar, dass sich dabei auch ihr persönlicher Stil entwickelt. Ihre erste Live-Gedichtlesung hält sie in New York im androgynen weißen Zweiteiler und mit Slickback-Hair, fließende Silhouetten begleiten ihre Worte. Online und im Real Life sehen wir Valentina dabei, wie sie mit Stil spielt, genauso zu, wie wenn sie in „all grown up” Anzügen die Seriöse gibt oder wenn sie in Boots und dramatischem Kleid zu einer Lesung erscheint. Auch dann, wenn sie im Hoodie und verwaschener Jeans auf die Berliner Straße geht, und den Look dabei genauso ernst meint. Oder eben dann, wenn sie sich bei unserem Shooting auf dem Brandenburger Land aus dem Auto schält, das gelbe Fila-Longsleeve überstreift und kurz durchatmet.
Ursprünglich kommt Valentina aus einer Kleinstadt in Bayern. Von dort sind ihre Eltern mittlerweile weggezogen und leben nun in einem kleinen Dorf, zu dem Valentina selbst keinen Bezug mehr hat. Wenn sie in ihre Heimat fährt, fühlt sie oft eine Diskrepanz, kann aber auch positive Worte über die Gegend verlieren. „Dort, wo meine Familie jetzt wohnt, fühle ich mich sehr disconnected, einfach weil ich mit dem Ort nichts verbinde und keine Erinnerungen daran habe. Die wenigen Male, in denen ich wieder in meiner ,Heimat[stadt]’ war, waren dafür umso bedeutender. Der See, der Blick auf die Alpen, die leeren Straßen der Kleinstadt, all das ist so gefüllt mit Erinnerungen an eine Welt mit Nachtwanderungen zu Waldpartys, Küssen im Schnee am Steg, mit ersten und letzten Malen, mit Abschieden und Entwicklungen. Ich bin froh nicht mehr dort zu leben, doch all das ist Teil meiner Geschichte.“
„Intimität als ein Gefühl von Privatheit ist für mich wahrscheinlich nicht so wichtig wie für andere, Intimität als besonderer Moment dafür umso [mehr].” – Valentina Vapaux
Intimität findet sie in Texten und Zweisamkeit
Dass Valentina Momente ihrer Geschichte öffentlich so klar benennt, ist keine Seltenheit. Auch aus ihrem Liebes- und Sexleben als queere Frau erzählt sie mit großer Offenheit und mehr Details, als es Mensch vielleicht von ihren Kolleg*innen online kennt. Wie fühlen sich ihre Partner*innen dabei, ihre Beziehung zu Valentina so publik reflektiert zu haben, fragen manche Zuschauer*innen. Wie definiert sie Intimität, fragen wir: „Meistens durch Abstraktion, durch Gedichte, Texte oder Ideen”, lautet Valentinas Antwort. „Intimität als ein Gefühl von Privatheit ist für mich wahrscheinlich nicht so wichtig wie für andere, Intimität als besonderer Moment dafür umso [mehr], es ist für mich ein Gefühl, das zwischen zwei Menschen entsteht, wenn alle Hüllen der Oberflächlichkeit abfallen.”
Oberflächlichkeit, damit könnte sich Valentina trotz intimer Storys und vielseitigem Inhalt immer wieder mal auseinandersetzen müssen. Wie in jeder Community gibt es für sie neben viel Lob auch Kritik, zum Beispiel zu ihrem Realitätsbezug. Von außen herrscht dann manchmal noch Schubladendenken, in einer Lage, mit der sich viele Menschen des öffentlichen Lebens konfrontiert sehen, wenn sie sich mit Konsum, Kultur, aber auch mit Politik beschäftigen. Dass selbst das Private politisch ist, wird dabei vergessen. Instagram und Mode gehören hier oft in die eine Schublade, Talks mit SWR-Journalist*innen aus dem Hauptstadtstudio in eine andere. Die Haltung, dass diese Schubladen nie zeitgemäß waren, ist eigentlich längst Standard, aber eine, die Valentina trotzdem manchmal noch vertreten muss. „[Das] ist vor allem deswegen nicht zeitgemäß, weil es viel mit Sexismus zu tun hat. Wenn ein Mann Journalist ist, Gedichte schreibt und sich gut kleidet, dann ist das stilvoll und sophisticated. Das als junge Frau zu machen – und dann noch auf eine offene, freie und auch für manche anstößige Art – ist ein Skandal”.
Auf die Frage, welche Schriftform zwischen Essay, journalistischem Bericht und Lyrik ihr am meisten ins Blut ginge, antwortet Valentina: „Lyrik, immer.”
Den Großteil ihrer Follower*innen scheinen diese Konflikte am Ende aber nicht zu stören. Sie lesen und hören das, was Valentina selbst aussendet. Unter einem spontan verfassten Instagram-Gedicht von Valentina kommentiert eine Userin, sie sei durch die Zeilen innerhalb von Sekunden in Valentinas Gefühlswelt eingetaucht. Und auch die Autorin selbst antwortet auf die Frage, welche Schriftform zwischen Essay, journalistischem Bericht und Lyrik ihr am meisten ins Blut ginge, mit: „Lyrik, immer.”
Spoiler: Die Zukunft ist hoffnungsvoll
Vielleicht hat Valentina ja auch ein Gedicht zu den Sätzen inspiriert, die sie auf den letzten Seiten (Spoiler!) ihres Buchs schreibt. Dort geht es um die Hoffnung, die Valentina trotz allem für die Zukunft habe. Im Alltag würden sie kleine Dinge der Gegenwart bestärken, erklärt sie: Lacher, eine Umarmung, aber auch mal der Blick auf eine helle Wandfarbe. Sie übersetzten sich in eine Hoffnung auf Morgen, sagt Valentina, und eine innere Ruhe. Und: „In ein Urvertrauen in mich selbst und die Person, die ich morgen werden kann.” Und wer das genau ist, werden wir sicher im nächsten „Life Update” erfahren.
Fotos: Julian Essink
Styling: Christina Neri-Essink
Produktion: Jenny Weser
Text & Interview: Robin Micha & Jenny Weser
#FILA110
Bezahlte Partnerschaft mit Fila.
Dieser Beitrag wurde ursprünglich am 06.12.2021 veröffentlicht.
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