Millennial-Obsession Zimmerpflanzen: Willst du noch mit hoch, meine Bromelie sehen?

Warum sind Millennials so obsessed mit Zimmerpflanzen? Um das und die zahlreichen Meta-Bedeutungen der hippen Pflanzen zu verstehen, ihre Schönheit aus neuen Blickwinkeln zu bestaunen, hat BLONDE die Bromelie neu inszeniert.

Die Liebesbeziehung zwischen uns Menschen und Pflanzen blüht gerade wieder so richtig auf und das vor allem wegen der oftmals kritisierten Generation der Millennials. Auch wenn ihnen nachgesagt wird, eine Vielzahl anderer Traditionen sterben zu lassen, sind es tatsächlich die zwischen 20- und 37-Jährigen, die maßgeblich am Rekordumsatz von Zimmer­pflan­zen des ver­gangenen Jahres beteiligt waren. Ihr Streben nach einem nachhaltigen Life­­style be­steht in der Realität häufig doch nur aus Terminen, spontanen Urlauben und konstantem High-Speed-Internet und scheint damit eine Art Dünger für Monsteras zu sein.

Um die tiefe Verbindung und die unterschiedlichen Meta-Bedeutungen von Millennials mit ihren Pflanzen zu erahnen, muss man nicht weit blicken. Da reicht die kunterbunte Welt von Instagram. Um diese neu entflammte und untypische Faszination wirklich zu verstehen, bedarf es wohl einem abgeschlossenen Psychologie-Studium. Denn für viele sind Pflanzen ein dankbares Sammelbecken für die eigenen Tränen, ein Stückchen Natur in Zeiten des Artensterbens, gesunde Luft in Zeiten von Smog, Gemeinschaft in einsamen Stunden, something to care for, eventhough you can’t care for yourself.

Am liebsten werden Bromelien mit kalkarmen Regenwasser besprüht oder -gossen

„Ich habe so viele Menschen innerhalb kürzester Zeit verloren, dass ich eine Ecke meines Wohnraumes für etwas Lebendiges reservieren wollte“ – DJ Freedem

DJ Freedem hat den grünen Instagram-Daumen. In kurzen Videos verrät der Amerikaner seinen 40k Followern via Instagram regelmäßig, welche Pflanze am besten zu welchem Typ passt und verliest dabei den optimalen Pflegehabitus. Für ihn bedeuten Pflanzen Leben. „Ich habe so viele Menschen innerhalb kürzester Zeit verloren, dass ich eine Ecke meines Wohnraumes für etwas Lebendiges reservieren wollte.“ Leuchtet ein, oder? Millennials, die Problemlöser und Pflanzen als ihre grünen Seelsorger.

Eine Bromelie hat der Amerikaner noch nicht in einem seiner Videos gefeatured. Dabei gehören sie unter anderem wegen ihrer Farbenvielfalt und ihrem eigentlich perfekt zur Fomo-geschuldeten Spontanität ihrer Pfleger passenden Wässerungsrhythmus zu den beliebtesten Zimmerpflanzen überhaupt. Und ja, wir haben sie fotografieren lassen. Typisch Millennials? Na und?

„Pflanzen sind so viel mehr als Dekoration. Sie sind Lebenshilfe für uns Menschen“

Die immergrünen Stauden, die ihren Ursprung in Südamerika haben, bestechen mit unterschiedlichen farbenfrohen Formen und stellen so manche Interessenten beim Shoppen vor existenzielle Fragen: „Bist du eher Typ Blütentrompeten, Löffel, Federn oder Becher? Kaufe ich eine Guzmania, Zierananas, Vriesea, Tillandsia oder Aechmea?“ Geschmackssage, denn reine Luft zaubern die Augenweiden alle. Die Zierananas ist so instagrammable, weil in ihrem Inneren eine mini kleine Ananas. Guzmanien hingegen sind das optimale Geschenk zum Bestehen des Führerscheins (wenn Millennials den noch einen machen würden …) und wer seine Wohnung der Farbenlehre nach einrichten wollen, kann auch das per Bromelie lösen. So viele Wege sein Inneres mithilfe eines anderen Lebewesens auszudrücken. Uh, da wird auch gleich Gen Z hellhörig.

Wegen ihrer schönen Blüten gelten Vriseen als besonders aufregend. Ein Attribut, das sie mit Wunderkerzen teilen.

Rote Pflanzen gehören demnach in die Küche, weil so die Lust am Kochen stimuliert werden soll und Millennials davon abgehalten, ständig den Lieferservice zu rufen. Eine Bromelie gehört nicht einfach nur zur Einrichtung, sie ist das Herzstück und transportiert gleichzeitig Bedeutung und formt die Persönlichkeit des Haltenden. Mit einer lilafarbenen Art im Schlafzimmer wird eventuell sogar etwas gegen den generationstypischen Mangel an Nachwuchs getan. Denn bei Lila trifft Rot auf Blau, Weibliches aus Männliches. Stellt man beispielsweise die Zierananas ins Schlafzimmer, gibt diese den Sauerstoff über Nacht ab und soll so dem Schnarchen entgegenwirken. Win-Win! Merke: Pflanzen sind so viel mehr als Dekoration. Sie sind Lebenshilfe für uns Menschen.

„Zimmerpflanzen sind so vielfältig wie ihre Halter, gleichzeitig individuelle Ausdrucksform sowie unparteiisch“

Am Ende ist es doch aber so: Zimmerpflanzen sind so vielfältig wie ihre Halter, gleichzeitig individuelle Ausdrucksform sowie unparteiisch. Ein grü­ner Daumen und fundiertes Wissen über die richtige Pflege gelten ­heut­zutage als anerkannte Soft-Skills und als Zeichen dafür, dass das mit dem Erwachsenwerden doch irgendwie geklappt hat. Wer hätte jemals gedacht, dass ausgerechnet die Millennials als die Generation in die Geschichte eingehen, die die Zimmerpflanze vor dem Aussterben bewahren? Oder anders gefragt: Gewinnen diese Pflanzen gerade den Kampf gegen ihren einzigen natürlichen Feind, den „Oh, schon wieder vergessen zu gießen“-Menschen? Lässt sich darin vielleicht sogar sinnbildlich ein Sieg des Lebens über die digitalisierte Moderne ablesen? 

Fotos: Marina Rosa Weigl

Dieser Artikel ist ursprünglich am 18.09. auf blonde.de erschienen. Bezahlte Kooperation mit bromelia.info

 

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